Anhang 16: Wie soll eine QP mit unerwarteten Abweichungen umgehen?
Seminarempfehlung
26./27. November 2024
Wie werden Arzneimittel-Medizinprodukt-Kombinationen reguliert?
In einem Blog haben sich Inspektoren der U.K. Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency (MHRA) mit einem Aspekt des neuen Anhang 16 zum EU-GMP Leidfaden befasst: dem Umgang mit unerwarteten Abweichungen.
Vor der Überarbeitung des Anhang 16 zum EU-GMP Leidfaden wurde der Umgang mit geringfügigen Abweichungen von festgelegten Prozessen im "Reflection Paper" EMEA/INS/GMP/227075/2008 der EMA diskutiert. Jedoch war der Status dieses Dokuments nicht immer klar und die Anwendung nicht konsequent in allen Mitgliedstaaten. Nun sind die Anforderungen im Abschnitt 3 des neuen Anhang 16 aufgenommen. Hier wird beschrieben, wann eine sachkundige Person (Qualified Person; QP) eine Charge trotz unerwarteter Abweichungen vom festgelegten Herstellungsprozess und/ oder von analytischen Kontrollmethoden zertifizieren kann.
Voraussetzungen
Vor der Chargenfreigabe durch eine QP sind folgende Voraussetzungen zu beachten:
- Alle registrierten Spezifikationen müssen erfüllt werden: auch die Spezifikationen für Wirk-, Hilfsstoffe, Verpackungsmaterialien und Arzneimittel inkl. allen definierten In-Prozess-, Bulk-, und Fertigproduktespezifikationen. Falls eine registrierte Spezifikation nicht erfüllt ist, darf die QP die Charge nicht freigeben.
- Nur unerwartete Abweichungen fallen in den Geltungsbereich von Abschnitt 3. Das bedeutet also, dass wiederholte (oder gar geplante) Abweichungen nicht zertifiziert werden können, da sie keine unerwartete Abweichungen mehr sind.
- Die Abweichung muss gründlich untersucht werden, die Grundursache festgelegt und die erforderlichen Maßnahmen definiert werden.
- Ein Risikomanagementprozess sollte verwendet werden, um den Einfluss auf die Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit zu bestimmen.
Qualitätsmanagementsystem
Fehler im Qualitätsmanagementsystem (also nicht produktspezifische Abweichungen) werden nicht von diesem Abschnitt gedeckt. Allerdings muss das Qualitätsmanagementsystem des Herstellers sicherstellen, dass sämtliche Entscheidungen zum Chargenentscheid dokumentiert werden. Das sollte ebenfalls in den Management Reviews und in den jährlichen Produktqualität-Reviews berücksichtigt werden.
Meldung bei den Behörden
Wenn der Umgang mit der Abweichung den Vorgaben entspricht, muss die zuständige Behörde nicht informiert werden (S. auch Kapitel 8 des EU-GMP Leitfadens). Hersteller und Importeure sind aber verpflichtet, die zuständigen Behörden über Non-Compliance- und Qualitätsprobleme zu informieren, die die Zulassung beeinträchtigen können.
Weitere Details finden Sie auch im MHRA Inspectorate's blog.