Annex 1: die eigentliche Neuerung
Seminarempfehlung
26./27. November 2024
Wie werden Arzneimittel-Medizinprodukt-Kombinationen reguliert?
Der lange erwartete Entwurf für den neuen Anhang 1 des EU-GMP-Leitfadens wurde im Dezember 2017 veröffentlicht. Viele der Änderungen und Ergänzungen beziehen sich natürlich auf die Sterilherstellung. Neben aktualisierter Anforderungen ist eines der großen Ziele, mehr Grundsätze des Qualitätsrisikomanagements (QRM) im neuen Anhang zu verankern. Im aktuellen Entwurf kommt der Begriff "risk management" vier Mal vor, der Begriff "risk assessment" findet sich im neuen Annex 1 25 mal.
Der Anhang 1 gibt klare Vorgaben für die Reinraumklassifizierung, Luftqualität, Sterilisation und Mindestintervalle für wiederholte Qualifizierungen, um den Risiken steriler Produktion direkt entgegenzuwirken. Für die meisten anderen Prozesse jedoch wird die Anwendung von QRM durchgesetzt. Dies betrifft Trendanalysen, Prüfungen, Ursachenermittlung sowie Korrektur- und Vorbeugungsmaßnahmen ("Corrective And Preventive Actions" = CAPA), die zur kontinuierlichen Verbesserung beitragen. QRM kann ebenfalls für das Layout von Geräten, Prozessen und Kontaminationskontrollstrategien angewendet werden.
Hier eine Übersicht und ein Vergleich mit dem aktuellen Anhang 1:
Thema | Einsatz der QRM-Grundsätze | Werden der QRM-Grundsätze bereits im aktuellen Anhang 1 behandelt? |
Allgemeine Grundsätze: Abweichungen von den Anforderungen in Anhang 1 | Rechtfertigung anderer Ansätze als der im Anhang 1 beschriebenen. | |
Pharmazeutisches Quaitätssystem (PQS) | Risikomanagementsystem in den Produktlebenszyklus integriert.
Identifizierung, Bewertung, Eliminierung (wenn nötig) und Kontrolle von Verunreinigungen.
Vorbeugung, Monitoring und Erkennung jeglicher Verunreinigung.
Festlegung von Prozessanforderungen und Akzeptanzkriterien für alle Elemente des sterilen Herstellungsprozesses. | |
Kontaminationskontrollstrategie ("Contamination Control Strategy" = CCS) | Prozessrisikobewertung als Bestandteil einer dokumentierten CCS. | |
Räumlichkeiten | Prüfen, ob die Notwendigkeit besteht, in nicht Klasse A/B Bereichen ein Luftströmungsprofil zu erstellen. | |
Reinraum- und Reinluftgerätqualifizierung | Probeentnahmestellen für spätere Stufen der Qualifikations- und Klassifizierungsmaßnahmen, wie etwa die Lesitungsqualifizierung.
Für Klasse D sind im Anhang 1 keine "in Betrieb"-Grenzwerte festgelegt. Unternehmen sollten diesen Grenzwert auf Grundlage einer Risikobewertung und historischer Daten festlegen. | Probeentnahmestellen für "in Betrieb"-Monitoring. |
Betriebsmittel | Festlegung Art und Umfang der Kontrollen. | |
Wassersysteme | Bewertung jeder Überschreitung von Eingriffsgrenzen. | |
Aseptische Zubereitung | Ermittlung der erforderlichen Klasse für die Hintergrundumgebung beim Einsatz von Isolatoren. | |
Terminal sterilisierte Produkte | Entscheidung, in welcher Klasse der Betrieb ablaufen soll (aber mit definierten Mindestanforderungen). | Entscheidung, in welcher Klasse der Betrieb ablaufen soll (aber mit definierten Mindestanforderungen). |
Filtration | Rechtfertigung für den Einsatz alternativer Ansätze zur Verifizierung der Integrität einer sterilisierten Filterbaugruppe (keine kleine Chargen). | |
Blow-Fill-Seal Technologie | Rechtfertigung des Geräteaufbaus und der Bedienelemente und Festlegung des Monitorings der Hintergrundumgebung. | |
Einwegsysteme | Beurteilung der Anwendbarkeit der extrahierbaren Profildaten auf jeden Bestandteil. | |
Umgebungsmonitoring | Erstellung eines robusten Umgebungsmonitoringprogramms, um beispielsweise Probeentnahmestellen, Monitoringhäufigkeit, Probenzahl und Inkubationsbedingungen festzulegen. Neubeurteilung des Programmes zur Sicherstellung seiner Wirksamkeit. | |
Monitoring nicht lebensfähiger Rückstände | Festlegung von Kontrollbestimmungen wie etwa die Häufigkeit, Probengröße oder -zeitraum, Warn- und Aktionsgrenzwerte und Korrekturmaßnahmen. Festlegung von Konzentrationsgrenzwerten für Schwebstoff- Partikel in Klasse D. | |
Aseptische Prozesssimulation (APS); Media Fill | Entwicklung eines Prüfplans für die Prozesssimulation. Fall eine Prozesssimulation fehlschlägt: Bewertung der aseptischen Produktion seit der letzten erfolgreichen Prozesssimulation und Begründung der jeweiligen Entscheidung. | Die Zahl der verwendeten Behältnisse soll eine valide Beurteilung ermöglichen. |
Qualitätskontrolle | Proben zur Sterilitätsprüfung (es werden einige Beispiele für Kontaminationsrisiken genannt). | Proben zur Sterilitätsprüfung (es werden einige Beispiele für Kontaminationsrisiken genannt). |
"Clean Non Classified" (CNC) Bereich | Ausmaß, Form und Häufigkeit des Reinigungsprogramms und des Umgebungsmonitoringprogramms. |
Generell sollten durchgeführte Risikobewertungen "dokumentiert werden und Begründungen für alle Entscheidungen in Bezug auf die Minimierung von Risiken, das Außerachtlassen potentieller Risiken und das Restrisiko enthalten. Überprüft werden sollte die Risikobewertung in regelmäßigen Abständen als Teil des fortlaufenden Qualitätsmanagements, bei der Änderungskontrolle sowie bei der regelmäßigen Produkt-Qualitätsprüfung." (Üb. d. Red.; Original: "documented and should include the rationale for decisions taken in relation to mitigating risks, discounting of potential risks and residual risk. The risk assessment should be reviewed regularly as part of on-going quality management, during change control and during the periodic product quality review.")
Wie könnte dies nun in der Praxis aussehen? Sehen wir uns zum Beispiel einmal das Umgebungsmonitoring an: Wie oben bereits erwähnt, ist die Grundlage für das Umgebungsmonitoring eine Risikobewertung. Diese Einschätzung betrachtet den Aufbau von Anlagen und Geräten, die jeweiligen Prozesse und weitere Informationen wie andere durchgeführte Studien. Das Ergebnis beschränkt sich dann nicht nur auf die Bestimmung von Probeentnahmestellen. Die gesammelten Informationen können auch genutzt werden, um Inkubationsprozesse, die Häufigkeit zukünftiger Monitoring-Aktivitäten, Alarmstufen und Verlaufspläne festzulegen.