Benötigen Hersteller Pharmakovigilanz (PV) Vereinbarungen mit Großhändlern?
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05. Dezember 2024
Diese Frage wurde in einem kürzlich veröffentlichten Blogbeitrag der U.K. Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency (MHRA) beantwortet. Man sollte annehmen, dass Großhändler in Europa üblicherweise keine Informationen zu unerwünschten Wirkungen erhalten (das dürfte in anderen Ländern außerhalb der EU gängiger sein). Solche Information gehen eher an Händler im Parallelimport. Nichtsdestotrotz könnte auch ein klassisches Großhandelsunternehmen sicherheitsrelevante Informationen erhalten. Und es scheint, als wären sich viele ihrer Verantwortung mit diesen Pharmakovigilanz (PV) Daten nicht bewusst. Hier könnte eine vertragliche Vereinbarung weiterhelfen, insbesondere wenn ein Großhandelsunternehmen Servicetätigkeiten in diesem Bereich für den Zulassungsinhaber anbietet.
Laut der MHRA wird ein Vertrag oder eine Vereinbarung benötigt, damit Zulassungsinhaber sicherstellen, dass die Aktivitäten und Services dieser dritten Parteien den anwendbaren Rechtsvorschriften und Leitlinien entsprechen, und um sicherzustellen, dass alle Parteien ihre vertraglichen Pflichten verstehen und ihnen förmlich zustimmen.
Welche Leitlinien müssen beachtet werden?
Wie auch bei Good Manufacturing Practice (GMP) und Good Distribution Practice (GDP) sind innerhalb der Good Pharmacovigilance Practices (GVP) geltende Leitlinien verfügbar. Diese werden in "EudraLex - Volume 9 - Pharmacovigilance guidelines" zusammengefasst.
GVP Modul VI.2.2 besagt, dass jeder Zulassungsinhaber ein Verfahren für das Sammeln und Speichern aller Berichte über unerwünschte Wirkungen haben muss, über die er Kenntnis erlangt. Weil Großhandelsunternehmen eine potentielle Quelle für sicherheitsrelevante Informationen sein können, benötigt der Zulassungsinhaber gemäß der MHRA eine Möglichkeit, Berichte über unerwünschte Wirkungen zu sammeln, welche bei den Großhändlern eingehen.
GVP Modul VI.B.7 liefert eine grundlegende Anleitung für Vereinbarungen zwischen Zulassungsinhabern und Großhändlern: Wenn ein Zulassungsinhaber mit einer Person oder einem Unternehmen vertragliche Vereinbarungen trifft, so sollten klare Verfahrensdefinitionen und detaillierte Vereinbarungen zwischen Zulassungsinhaber und Person/Unternehmen herrschen, um sicherzustellen, dass der Zulassungsinhaber seine Berichterstattungspflichten erfüllen kann. Diese Verfahren sollten insbesondere den Prozess zum Austausch von sicherheitsrelevanten Daten - inklusive Zeitplänen und gesetzlichen Berichterstattungspflichten - festlegen und doppelte Berichterstattung gegenüber den zuständigen Behörden vermeiden.
Und um die GDP-Leitlinien nicht zu vergessen: Abschnitt 6.3 der Leitlinien der Europäischen Kommission über die Gute Vertriebspraxis für Humanarzneimittel (2013/C 343/01) besagt, dass im Falle einer Beschwerde über die Qualität eines Arzneimittels und einen potentiellen Produktmangel der Hersteller und/oder der Zulassungsinhaber unverzüglich informiert werden müssen. Es kann passieren, dass Beschwerden, die bei Großhandelsunternehmen eingehen, eine vermutliche Arzneimittelnebenwirkung enthalten. Dann müssen sie sicherstellen, dass diese Information unverzüglich an den Zulassungsinhaber weitergegeben wird. Hier könnte eine Vereinbarung zwischen den Parteien dabei helfen, diesen Prozess zu vereinfachen.
Sind Vereinbarungen mit jedem einzelnen Großhändler notwendig?
In ihren Blogbeitrag listet die MHRA Faktoren, die beim Entscheidungsprozess beachtet werden sollten:
- wenn der Name und/oder die Kontaktdaten des Großhändlers auf der Produktverpackung, dem Beipackzettel oder der Website des Zulassungsinhabers erscheinen,
- wenn der Zulassungsinhaber für den Markt, auf dem das Produkt vertrieben wird, keine kontaktierbare Präsenz hat, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass der Großhändler zur Anlaufstelle für Bürger oder Fachleute aus dem Gesundheitswesen wird,
- wenn der Großhändler Services anbietet, welche potentiell seine Interaktion mit Fachleuten aus dem Gesundheitswesen und damit die Wahrscheinlichkeit, sicherheitsrelevante Informationen zu erhalten, erhöhen - beispielsweise die aktive Bewerbung von Produkten durch ein Vertriebsteam,
- wenn der Großhändler im Namen des Zulassungsinhabers Pharmakovigilanz-Dienstleistungen erfüllt, wie zum Beispiel die Nachverfolgung von unerwünschten Ereignissen für den Zulassungsinhaber in ihrem Gebiet, das Suchen nach regionaler Literatur oder die Verteilung von risikomindernden Materialien.
Zusätzlich umreißt die MHRA in ihrem Blogbeitrag mit dem Titel "Do wholesale distributors require pharmacovigilance agreements?" Bestimmungen, welche der Zulassungsinhaber für Vereinbarungen in Betracht ziehen kann.