BfArM: Die Produktion von Wirkstoffen sollte teilweise aus Asien wieder zurück verlagert werden
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22./23. Januar 2025
Pflichten, Aufgaben und Verantwortlichkeiten bei der Herstellung von Arzneimitteln und Wirkstoffen
In einem Interview mit der Tageszeitung die "Welt" hat Prof. Schwerdtfeger, Präsident des BfArM ein Umdenken in der Politik und der Pharma-Industrie gefordert. In einem vielbeachteten Interview wurden u.a. auch die aktuellen Lieferengpässe thematisiert.
Viele Lieferengpässe von Arzneimitteln sind momentan nicht transparent. Auf der aktuellen Engpassliste des BfArM stehen 14 Medikamente. Allerdings ist der Lieferengpass laut Apotheken und Kliniken erheblich umfangreicher. Der Grund für die zum Teil lückenhaften oder fehlerhaften Informationen liegt in der Tatsache, dass die Angaben ausschließlich auf Grundlage von freiwilligen Angaben der Hersteller beruhen. Daher regt Prof. Schwerdtfeger an, eine verbindliche Regelung zu schaffen, wonach Firmen die Produktionsprobleme und Lieferschwierigkeiten unverzüglich melden müssen.
Lieferengpässe sind aufgrund von GMP-Problemen in Europa und in den USA ein erhebliches Problem geworden. Wirkstoffe für Arzneimittel, die für den europäischen Markt hergestellt werden, kommen zu ca. 70 bis 80 Prozent aus Nicht-EU Ländern, vor allem Asien. An der Spitze stehen hier Indien und China. Und gerade hier gibt es immer wieder unhaltbare Zustände, bei denen nicht nur GMP-Mängel vorgefunden werden, sondern auch Betrug und Datenfälschung vorkommen. Prof. Schwerdtfeger führt in dem Interview mit der "Welt" aus: "Mängel in der Produktion von Arzneimitteln werden sich nie vollständig ausschließen lassen. Hinzu kommt, dass die Pharmaunternehmen seit Jahren immer stärker auf Ausgangsstoffe aus Schwellenländern zurückgreifen. In den meisten dieser Länder ist die Prüfdichte von Herstellungsbetrieben geringer als in Europa oder den USA. Problematisch wird es dann, wenn unerkannte Mängel oder in manchen Fällen auch bewusste Verfälschungen vor der Weiterverarbeitung der Stoffe nicht erkannt werden. Dies ist bei Wirkstoffen nicht nur aus Schwellenländern bereits mehrfach passiert und lässt sich auch weiterhin nicht völlig ausschließen. Nach den Gesetzen der Statistik ist deshalb zu erwarten, dass aus solchen Mängeln früher oder später ein auch größerer Schaden entstehen kann."
Laut Prof. Schwerdtfeger sollte die Politik Anreize schaffen, "die die Sicherheit in der Produktion von Medikamenten stärker belohnen." Weiter führt er aus, "aus meiner Sicht wäre es wünschenswert, dass die Produzenten zumindest einen Teil ihrer Herstellung, vor allem von besonders wichtigen Ausgangsstoffen, nach Europa zurückverlagern. Bisher lehnen das fast alle Unternehmen aus Kostengründen ab." Auch die Europäische Zulassungsbehörde EMA hat das Thema Lieferengpässe im Fokus. Bereits Ende 2012 veröffentlichte die EMA daher ein Reflection Paper zu Lieferengpässen die durch GMP Probleme begründet sind. In den USA hat die zuständige Behörde FDA bereits sehr umfangreiche Maßnahmen eingeleitet (siehe Drug Shortages Webseite der FDA).
Die GMP-Überwachung ist derzeit nicht ausreichend ausgestattet. Die Überwachung unterliegt in Deutschland nicht dem BfArM, sondern den Länderbehörden. Anders als in allen anderen EU-Ländern hat die Arzneimittelzulassungsbehörde also die GMP-Überwachung nicht in eigener Hand. Für eine umfassende Überwachung im In- und Ausland "müsste die Personalausstattung der Überwachungsbehörden wahrscheinlich doppelt so hoch sein."