China verschärft Spionageabwehrgesetz - Risiko für Audits und Inspektionen?
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Am 26. April 2023 hat die Volksrepublik China ein überarbeitetes Spionageabwehrgesetz verabschiedet, welches am 1. Juli in Kraft trat. Im Vergleich zur vorherigen Version (seit Ende 2014 in Kraft), erweitert die neue Version die Befugnisse der Regierung zur Spionagebekämpfung und betont die Rolle der Öffentlichkeit bei dieser Aufgabe.
Die Aufzählung der Spionagetätigkeiten wurde vom letzten Kapitel des alten Gesetzes, "Ergänzende Bestimmungen", in das erste Kapitel des überarbeiteten Gesetzes, "Allgemeine Bestimmungen", verschoben und u. a. um folgenden Punkt erweitert:
"Diebstahl, Ausspähen, Erwerb oder illegale Bereitstellung ... anderer Dokumente, Daten, Materialien oder Gegenstände im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit und den nationalen Interessen ..." (neu hinzugefügte Wörter fett markiert).
Das revidierte Gesetz zielt auch darauf ab, die Öffentlichkeit für Spionagerisiken zu sensibilisieren und so Spionage frühzeitig zu verhindern. Es verpflichtet ausdrücklich alle Bürger und Organisationen, die staatliche Spionageabwehr zu unterstützen und zu fördern (Art. 8), und legt fest, dass alle Organisationen im Lande für ihren Anteil an der Spionageabwehr eine große Verantwortung tragen müssen (Art. 12, Abs. 1), deren Nichtbeachtung sowohl für die Organisationen als auch für die Verantwortlichen schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen kann (Art. 56).
Artikel 27 ermächtigt die nationalen Sicherheitsbehörden, Personen, die gegen dieses Gesetz verstoßen, vorzuladen und bis zu acht Stunden lang zu verhören. Diese Frist kann in komplizierten Fällen, in denen Verwaltungshaft angewendet werden kann oder ein Verbrechen vermutet wird, auf bis zu 24 Stunden verlängert werden.
Artikel 29 ermächtigt die nationale Sicherheitsbehörde, unter bestimmten Bedingungen Zugang zu Informationen über das Eigentum von Spionageverdächtigen zu erhalten.
Spionageverdächtige können auf Anordnung der nationalen Sicherheitsbehörden auf Provinzebene oder höher an der Ausreise aus der VR China gehindert werden. (Art. 33, Abs. 2.) Diese Bestimmung gilt auch für Ausländer.
Risiko für Audits und Inspektionen?
Die Volksrepublik China hat schon länger solche Gesetze, sie sind jetzt aber spezifischer geworden. Mittlerweile gibt es EU-GMP Inspektorate, die aufgrund der gewissen Rechtsunsicherheit ihre Inspektionen in China inoffiziell ausgesetzt haben. Einige Inspektoren fahren aus persönlichen Gründen nicht. Bedenkt man, dass durch das Ende getroffener Maßnahmen und Erleichterungen im Zuge der Covid-19 Pandemie die meisten GMP-Zertifikate wohl nur noch bis Ende 2024 gültig sind, besteht hier die Gefahr einer Verschärfung der Problematik mit den derzeitigen Lieferengpässen. Aber auch für Auditoren aus der pharmazeutischen Industrie haben sich die Risiken natürlich erhöht.
Was meinen die offiziellen Stellen?
Das National Counterintelligence and Security Center der Vereinigten Staaten stellt fest, dass das Gesetz das "Potenzial hat, rechtliche Risiken oder Unsicherheiten für ausländische Unternehmen, Journalisten, Wissenschaftler und Forscher zu schaffen".
Chinas Ministerium für Staatssicherheit (MSS), entgegnete jedoch, dass diese neu hinzugefügte Bestimmung nur auf "illegale Handlungen" abziele, nicht aber auf Unternehmen, die sich an die Gesetze der VR China halten und normale Dienstleistungen erbringen.
Alles in allem also ein derzeit nicht rechtssicher lösbares Problem. Es wird sicherlich nicht so sein, dass nun alle Auditoren oder Inspektoren verhaftet werden. Aber das Risiko ist erhöht. Auf der anderen Seite haben die Chinesen ja gerade die Visumspflicht für einige Länder ausgesetzt, um die Wirtschaft anzukurbeln.
Quelle: US Library of Congress