Das GMP Jahr 2015 - was gab es Neues in der EU?

Das zurückliegende Jahr 2015 war erneut ein ereignisreiches Jahr. Wieder gab es in der GMP-Welt Neuerungen und Änderungsankündigungen, die die pharmazeutische Industrie beschäftigen. Das Jahr 2016 wird dem in nichts nachstehen, auch weil es dann gilt, viele der neuen Forderungen umzusetzen.

Nachfolgend ein paar Highlights:

Die wesentlichen Änderungen im neuen Kapitel 3 des EU-GMP Leitfadens "Räumlichkeiten und Ausrüstungen" beziehen sich auf den Abschnitt zu den Regelungen zur Vermeidung von Kreuzkontaminationen. Die Änderungen stehen in engem Zusammenhang mit der Revision des Kapitels 5 (Produktion) sowie der neuen "EMA-Guideline on setting health based exposure limits for use in risk identification in the manufacture of different medicinal products in shared facilities " (EMA/CHMP/CVMP/SWP/169430/2012). Der neue Text sieht eine risikobasierte Bewertung der Thematik vor, auf Basis toxikologischer Daten. Das heißt, dass dedizierte Bereiche ("Dedicated Facilities") nur notwendig sind, wenn die identifizierten Risiken nicht durch adäquate technische oder organisatorische Maßnahmen beherrscht werden können.

Unterstützt wird dies durch die oben erwähnte "Toxicological Guideline" der EMA. Diese gilt seit dem 1. Juni 2015 und beschreibt eine Risikoabschätzung auf Basis einer toxikologischen Bewertung der in der gemeinsamen Anlage/Produktionsstätte hergestellten Produkte.

Das neue Kapitel 5 des EU-GMP Leitfadens "Produktion" gilt seit dem 1. März 2015. Hier gab es deutlich mehr Änderungen:

  • Eine erweiterte Beschreibung von geeigneten technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Vermeidung von Kreuzkontamination,
  • Einsatz von Qualitäts-Risikomanagement Prozessen
  • Anforderungen an Auswahl, Qualifizierung, und Trendverfolgung von Ausgangsstoffen, Packmitteln und deren Zulieferer
  •  Überwachung der Rückverfolgbarkeit der Lieferkette
  • Anforderungen bei der Übernahme von (Daten von) Analysezertifikaten des Herstellers oder Lieferanten
  • Anforderungen zur Unterrichtung der Behörden bei Produktions- und Lieferengpässen

Auch der Anhang 15 "Qualifizierung und Validierung" zum EU-GMP Leitfaden trat in seiner revidierten Fassung in Kraft (1. Oktober 2015). Er übernimmt Prinzipien aus den ICH Leitlinien Q8, Q9, Q10 und Q11 mit Bezug auf Anwendung von Qualitäts-Risikomanagement (QRM), Process Analytical Technology (PAT), Quality by Design (QbD) und Real-Time Release Testing (RTRT).

Abgestimmt wurde er mit der EMA Leitlinie "Guideline on process validation for finished products - information and data to be provided in regulatory submissions" (gültig seit 24 August 2014).

Der neue Anhang 15 stellt erweitere Anforderungen an den Validierungs Master Plan und die Dokumentation. Auch gibt es nun eine generelle Forderung nach User Requirement Specifications (URS) und Factory Acceptance Test und Site Acceptance Test (FAT/SAT).

Wenig Änderung gab es bei den Erwartungen zu IQ/OQ/PQ (dies können in begründeten Fällen zusammengefasst werden).

Die größten Änderungen gab es bei der Prozessvalidierung selbst (passend zu der oben erwähnten Leitlinie der EMA). Eine sog. retrospektive Validierung ist nun obsolet und es gibt nur noch eine "concurrent validation". Für die Prozessvalidierung sind zwei prinzipielle Ansätze möglich, die "traditionelle" mit drei aufeinanderfolgenden Validierungschargen und eine "Continuous process verification" mit QbD-Bezug. Beide können auch vermischt werden (Hybrid-Ansatz).

Die Anforderungen an die Reinigungsvalidierung werden in einem höherem Detailgrad wiedergegeben und gehen Hand in Hand mit den Forderungen aus Kapitel 3 und der "Toxicological Guideline".

Ganz neu im Anhang 15 ist ein Kapitel zur Transportverifizierung. Hierbei wird anerkannt, dass Transporte schwer zu validieren sind. Es wird empfohlen, auch andere kritische Parameter außer der Temperatur, wie z.B. Erschütterung, Luftfeuchtigkeit, etc. zu überwachen.

Seit Januar 2011 ist übrigens die "neue" Prozessvalidierungsrichtlinie der FDA in Kraft. Es gibt (erfreulich) viel Übereinstimmung zwischen der FDA-Prozessvalidierungsleitlinie und dem revidierten Annex 15. Aber es gibt auch Unterschiede, und der müssen sich Firmen, die sowohl den US-Markt als auch den europäischen Markt bedienen möchten, bewusst sein.

Im Oktober 2015 kam dann der lang erwartete Anhang 16 zur QP Zertifizierung und Chargenfreigabe.

Zentral wird darauf hingewiesen, dass die Hauptaufgabe einer sachkundigen Person (Qualified Person, QP) die Zertifizierung von Chargen für ihre Freigabe ist. In diesem Zusammenhang muss die QP persönlich sicherstellen, dass die in Kapitel 1.6 aufgeführten Verantwortlichkeiten erfüllt sind. Im Kapitel 1.7 sind viele weitere Verantwortlichkeiten aufgelistet, für die eine QP einstehen muss. Die zugehörigen Tätigkeiten können aber delegiert werden und die QP kann sich auf die jeweiligen Qualitätsmanagementsysteme verlassen. Allerdings sollte sich die QP fortlaufend Gewissheit verschaffen, dass dieses Vertrauen begründet ist.

Zum ersten Mal in einer Leitlinie beschrieben sind GMP-Erwartungen an Hilfsstoffe. Im März 2015 wurden die "Guidelines on the formalised risk assessment for ascertaining the appropriate good manufacturing practice for excipients of medicinal products for human use" veröffentlicht. Zentrales Thema ist, dass der Inhaber der Herstellungserlaubnis sicherstellen soll, dass die Hilfsstoffe bzw. Arzneiträgerstoffe zur Verwendung in Arzneimitteln geeignet sind. Hierzu muss er mittels einer formalisierten Risikobewertung ermitteln, welches die angemessene gute Herstellungspraxis ist, die er erwartet. Es erfolgte also keine Ausdehnung der EU-GMP Leitlinie, Teil II auf Hilfsstoffe.

Die ICH Q3D Leitlinie zu Elemental Impurities wurde Ende 2014 veröffentlicht. Mit Datum 26. Februar 2015 kamen dann von der EMA entsprechende Empfehlungen (EMA Elemental impurities in marketed products - Recommendations for implementation). Adressaten dieser Empfehlungen sind Arzneimittelhersteller und die nationalen Zulassungsbehörden; letztere sollen sich bei ihren Aktivitäten an diese Empfehlungen halten, um ein einheitliches Vorgehen zu gewährleisten.

Was bringt die Zukunft?

Der EU-GMP Leitfaden soll einen neuen Anhang bekommen: den Anhang 21 zum Thema "Importers of Medicinal Products". Das Concept Paper wurde am 13. Mai 2015 veröffentlich, die Konsultationsphase endete im August 2015. Viel gab das Papier noch nicht her und ein erster Entwurf des neuen Anhangs wird zur Kommentierung zeitnah erwartet.

Auch zum Anhang 1 des EU-GMP Leitfadens (Herstellung steriler Arzneimittel) gab ein Concept Paper (veröffentlich am 2. Februar 2015, die Konsultationsphase endete März 2015). Ein erster Entwurf des revidierten Anhangs zur Kommentierung wird zeitnah erwartet. Die Revision soll keine grundlegend neuen Erwartungen kreieren, aber einige Anpassungen enthalten.

Der Anhang 17 des EU-GMP Leitfadens (Real Time Release Testing) soll komplett umgestaltet werden. Das revidierte Dokument wurde am 15. September 2015 veröffentlicht, die Konsultationsphase endete am 11. Dezember 2015. Schon die Namensänderung signalisiert eine totale Neuausrichtung. Der derzeitige Anhang 17 "Parametrische Freigabe" ist letztendlich limitiert auf die Anwendung für die routinemäßige Freigabe von im Endbehältnis sterilisierten Produkten ohne Steriltests auf Grund von Sterilisationsparametern. In der Revision sollen nun auch die Grundsätze der Konzepte von ICH Q8, Q9, und Q10 implementiert werden.

Auch im GDP Bereich gab es Neues:

Gute Vertriebspraxis für Wirkstoffe: Seit 21. September 2015 gelten die Leitlinien vom 19. März 2015 zu den Grundsätzen der guten Vertriebspraxis für Wirkstoffe von Humanarzneimittel; unabhängig davon, ob diese selbst hergestellt, von anderen hergestellt oder importiert werden. Der Vertrieb umfasst hierbei alle Tätigkeiten wie Beschaffung, Import, Lagerung und Transport, Verkauf, Lieferung und Export mit Ausnahme von Brokering (reine Vermittlung). Hieraus ergibt sich auch das Recht der Behörden, Vertriebsunternehmen zu inspizieren. Umpacken oder Umetikettieren sind Herstellaktivitäten und werden durch GMP reguliert.

Die Vertreiber von Wirkstoffen müssen ein Qualitätssystem implementieren, in dem die Zuständigkeiten, die Verfahren und die Grundsätze des Risikomanagements dargelegt sind. So müssen sie z.B. - analog den GMP Richtlinien - ausreichend mit fachkundigem Personal ausgestattet sein und eine Person mit definierter Weisungsbefugnis an jedem Standort, an dem Vertriebstätigkeiten ausgeführt werden, benennen ("Benannte Person").

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