Der neue Anhang des Frage-Antwort Dokuments der EMA zur Festlegung akzeptabler Aufnahmemengen von Nitrosaminen
Das kürzlich aktualisierte Frage-Antwort Dokuments der EMA zu Nitrosamin-Verunreinigungen vom 7. Juli 2023 (Revision 16) enthält umfangreiche Ergänzungen. Die Q&A10 ("Which limits apply for nitrosamines in medicinal products?") erläutert ausführlich, wie akzeptable Aufnahmemengen von N-Nitrosaminen (acceptable intake, AI) festzulegen sind. Weitere Erklärungen und Beispiele sind in dem neuen Annex 2 enthalten.
In Q&A10 werden folgende zwei Szenarien beschrieben:
A. Nitrosamine mit ausreichender Datengrundlage (tierische Karzinogenitätsstudien)
Berechnung des TD50-Wertes und daraus die Ableitung des Grenzwertes für die lebenslange Exposition nach ICH M7(R1).
B. Nitrosamine ohne ausreichende Datengrundlage
1. Falls keine anderen zuverlässigen Daten vorliegen, soll für die Ermittlung des AI der Carcinogenic Potency Categorization Approach (CPCA) verwendet werden.
2. Falls der erweiterte Ames-Test (Anhang 3) ein negatives Ergebnis zeigt, kann ein Grenzwert von 1,5 µg/Tag festgelegt werden.
3. Falls ein Nitrosamin-Surrogat mit robusten Daten zu TD 50 verfügbar ist, kann ausgehend von diesem Surrogat die AI durch SAR (structure activity relationship) abgeleitet werden.
4. Falls eine in-vivo Mutagenitätsstudie ein negatives Ergebnis zeigt, kann das Nitrosamin als nicht-mutagene Verunreinigung gemäß den Grenzwerten der Leitlinien ICH Q3A(R2) und Q3B(R2) kontrolliert werden. Das gilt auch dann, wenn nach den Optionen 1-3 andere Grenzwerte errechnet wurden.
Der neue Annex 2 widmet sich ausschließlich der Ermittlung von AI-Grenzwerten für Nitrosamin-Spezies ohne verfügbare in-vivo-Daten und erläutert ausführlich die Vorgehensweise der auf SAR basierten Karzinogenitäts-Kategorisierung (CPCA). Entlang eines Entscheidungsbaums wird eine Punktezahl (potency score) errechnet, aus der sich dann die Potency-Category für die betreffende Substanz ergibt. In Appendix 1 dieses Anhangs wird die Berechnung des potency scores detailliert erklärt. Appendix 2 des Anhangs zeigt für jede Potency Category ein Beispiel.
Im neuen Anhang 1 sind die Grenzwerte inklusive der CPCA-Kategorie von insgesamt 84 Nitrosaminen aufgelistet, die von der nichtklinischen Arbeitsgruppe (NcWP) nach der CPCA-Methode ermittelt wurden.
Mit der Überarbeitung der Q&A10 hinsichtlich der AI-Grenzwerte für Nitrosamine ohne Datengrundlage wird eine relevante Lücke in Bezug auf die Kontrolle von Nitrosamin-Verunreinigungen in Wirkstoffen und Arzneimitteln geschlossen.
Eine weitere wichtige Ergänzung des Q&A Dokuments (in Zusammenhang mit Option 2 des Annex 2) ist Annex 3 ("Enhanced Ames Test Conditions for N-Nitrosamines"), der erweiterte Bedingungen für den Ames-Test beschreibt. Grund für die Modifikation des Ames-Tests ist die Beobachtung, dass die Empfindlichkeit des Tests unter Standardbedingungen für einige Nitrosamine nicht ausreicht.