Die letzten Aktualisierungen des Frage-Antwort Dokuments der EMA zu Nitrosamin-Verunreinigungen

Nach der letzten Überarbeitung des Frage-Antwort Dokuments zu Verunreinigungen durch Nitrosamine im Februar diesen Jahres erfolgten im Zeitraum von 12 Wochen drei weitere Aktualisierungen (Rev. 8 vom 24. März, Rev. 9 vom 20 Mai und Rev. 10 vom 23 Juni 2022).

Nachfolgend eine Zusammenfassung der jeweiligen Ergänzungen in den Antworttexten zu den einzelnen Fragen:

4. What are the currently identified risk factors for presence of nitrosamines? (Rev. 8)

Die Risikofaktoren für die Bildung von Nitrosamin-Verunreinigungen wurden in drei Kategorien eingeteilt und teilweise durch nähere Erläuterungen vervollständigt:

  • Risikofaktoren bei der Herstellung des Wirkstoffs
    Ergänzungen: detaillierte Hinweise auf chemische Reaktionswege, die zur Bildung von Nitriten als Quelle für Nitrosamin-Verunreinigungen führen.
  • Risikofaktoren bei der Herstellung des Fertigproduktes
    Ergänzungen: detaillierte Hinweise auf weitere chemische Ursachen der Nitrit-Bildung
  • Risikofaktoren in Bezug auf GMP-Aspekte
    Ergänzungen: Hinweise auf Fachliteratur zur Chemie der Nitrosamin-Bildung.

5. What to do if after submission of Step 1 and/or step 2 responses, new information (e.g. related to new potential risk factors or root causes) is identified? (Rev. 10)

In der Neuformulierung der Antwort werden die Erwartungen an die Zulassungsinhaber wie folgt präzisiert:

  • Die Risikobewertung soll bei Bekanntwerden neuer Informationen über potentielle Quellen für Nitrosamin-Verunreinigungen erneut überprüft werden.
  • Die Fragen 4 (Risikofaktoren)  und 10 (Grenzwerte) des Frage-Antwort Dokuments sollen routinemäßig auf Aktualisierungen geprüft werden.

Ein besonderes Augenmerk soll auf potentielle Nitrosamin-Quellen aus Wirkstoffen gelegt werden. Ein hohes Risiko besteht in der gleichzeitigen Anwesenheit von Aminen und Nitrit-Spuren während der Formulierung des Endprodukts oder dessen Lagerung.

8. How should confirmatory tests be conducted by MAHs and manufacturers? (Rev. 8)

In der Antwort auf diese Frage wird der Fall, dass die Ursache für die Nitrosamin-Verunreinigung nur auf der Stufe der Herstellung des Wirkstoffs liegt, näher ausgeführt. Wird dies zweifelsfrei nachgewiesen, kann sich die konfirmatorische Prüfung nur auf den Wirkstoff bzw. die Zwischenprodukte beschränken und braucht nicht auf das Fertigprodukt ausgedehnt zu werden.
Die Voraussetzungen hierfür sind:

  • Bei der Risikobewertung des Fertigprodukts wird kein zusätzliches Risiko festgestellt.
  • Die Prüfung eines Zwischenprodukts ergibt kein weiteres Risiko für die nachfolgenden Herstellungsschritte des Wirkstoffs.
  • Die Begründung für die Prüfstrategie, die nur die Prüfung der Zwischenprodukte und des Wirkstoffs vorsieht, ist wissenschaftlich stichhaltig.

Die Verantwortung für die Strategie der konfirmatorischen Prüfung liegt beim Zulassungsinhaber. Die Prüfstrategie muss über die Risikobewertung des Fertigprodukts begründet werden und im pharmazeutischen Qualitätssystem des Zulassungsinhabers dokumentiert werden.

10. Which limits apply for nitrosamines in medicinal products? (Rev. 9, Rev. 10)

In die Tabelle der Nitrosamine wurden sieben weitere Nitrosamine mit den zugehörigen Grenzwerten aufgenommen. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Behörden einen negativen Ames-Test als alleinigen Nachweis für das Fehlen mutagener Eigenschaften eines Nitrosamins nicht akzeptieren. Die Tatsache, dass einige Nitrosamine trotz negativer Ames-Testresultate in-vivo Mutagenität aufweisen, relativiert die Aussagekraft dieses Tests, so dass zusätzliche Prüfungen erforderlich sind, um eine Nitrosamin-Verbindung als Klasse 5 Verunreinigung gemäß der Leitlinie ICH M7(1) einzustufen.

In der letzten Aktualisierung der Antwort auf diese Frage wurde die Tabelle durch N-Nitrosodabigatran und den zugehörigen Grenzwert ergänzt. Die Tabelle wurde erweitert durch eine zusätzliche Spalte ("Source"), in der die Wirkstoffe jeweils als potentielle Quelle der entsprechenden Nitrosamine angegeben sind. Des weiteren wird näher ausgeführt, wie die Grenzwert-Festlegung erfolgen muss, wenn der Wirkstoff im Produkt als Salz, Hydrat oder in der Solvat-Form vorliegt.

14. What is the approach for new and ongoing marketing authorisation applications (MAA)? (Rev. 10)

In den Antworttext auf diese Frage wurde der Hinweis auf die neue Vorlage der Risikobewertung, die in Zulassungsanträgen verwendet werden muss, aufgenommen. Die Vorlage ist auf der Webseite des CMDh zu Nitrosamin-Verunreinigungen zu finden.

15. When should a test for nitrosamines be included in the MA dossier? (Rev. 8)

Im Text der Antwort auf diese Frage wurden folgende Präzisierungen eingeführt:

  • Standardmäßige Prüfung des Fertigprodukts auf Nitrosamine (erster Abschnitt)
    Eine solche Prüfung ist dann erforderlich, wenn entweder die Ursache für die Nitrosamin-Verunreinigung unklar ist oder nachgewiesen werden kann, dass die Verunreinigung während des Herstellprozesses des Fertigprodukts oder während seiner Lagerung entstand. Der Hinweis auf die Lagerung wurde neu in den Text aufgenommen.
  • Auswahl des Kontrollpunkts auf der Stufe des Fertigprodukts, des Wirkstoffs oder des Zwischenprodukts (zweiter Abschnitt)
    Die Forderung, dass ein Grenzwert in der Spezifikation des Fertigprodukts festgelegt werden muss, auch dann, wenn der Kontrollpunkt nicht auf der Stufe des Fertigarzneimittels liegt, wurde gestrichen.
  • Verzicht auf Aufnahme des Nitrosamin-Tests in die Endprodukt-Spezifikation (zweiter Abschnitt, erster Unterpunkt)
    Liegt der Gehalt an Nitrosaminen dauerhaft unter 10% des akzeptablen Aufnahmewerts (acceptable intake, AI) bezogen auf den Wirkstoff oder das Fertigprodukt, muss die Prüfung auf Nitrosamine nicht in die Spezifikation aufgenommen werden. Der Hinweis auf den AI des Wirkstoffs ist neu.
  • Reduziertes Prüfungsdesign nach ICH Q6A (zweiter Abschnitt, zweiter Unterpunkt)
    Eine reduzierte Prüfung auf Nitrosamine (skip-testing) wird dann akzeptiert, wenn der Gehalt eines einzelnen Nitrosamins dauerhaft  unter 30% des AI bezogen auf den Wirkstoff oder das Fertigprodukt liegt. Die Formulierung "nitrosamin levels" in Rev. 7 des Frage-Antwort Dokuments wurde durch "levels of a single nitrosamine" in Rev. 8 ersetzt.

20. What are the regulatory steps taken by authorities following the identification of an N-nitrosamine exceeding the AI? (Rev. 9)

Diese Frage und die entsprechenden Klarstellungen dazu wurden neu in das Dokument aufgenommen. Es werden die regulatorischen Schritte beschrieben, die behördlicherseits für die sog. Szenario A-Fälle eingeleitet werden. Ein Szenario A-Fall liegt dann vor, wenn in einem Fertigarzneimittel ein oder mehrere Nitrosamine nachgewiesen werden, die oberhalb des AI-Grenzwertes liegen oder wenn die Summe aller detektierten Nitrosamine das 1:100 000fache des Lebenszeitrisikos überschreiten.

Für Szenario A werden folgende Maßnahmen getroffen:

  • Eine zuvor festgelegte Behörde übernimmt federführend die Überprüfung der verfügbaren Informationen und eine vorläufige Bewertung des Falles.
  • Das Rapid Alert Network (RAN) und die Single Point of Contacts (SPOCS) werden informiert. Die Kritikalität des Arzneimittels wird gemäß den Vorgaben des EMA-Dokuments Criteria for classification of critical medicinal products for human and veterinary use bewertet.
  • Die federführende Behörde berücksichtigt die Rückmeldungen des RAN bei der Erstellung von vorläufigen Empfehlungen.
  • Zur Erleichterng des Informationsaustauschs wird das Incident Review Network (IRN) konsultiert und es wird bewertet, ob weitere Maßnahmen ergriffen werden müssen.
  • Falls Maßnahmen in Bezug auf Marktprodukte empfohlen werden, leiten die nationalen Behörden (NCAs) je nach Kritikaliät der betreffenden Produkte weitere Maßnahmen in die Wege. Dabei berücksichtigen die federführende Behörde und die NCAs für einen gewissen Zeitraum das LTL-Konzept oder die Verwendung von Übergangsgrenzwerten.

Parallel zur Aktualisierung des Frage-Antwort Dokuments der EMA/CMDh wurde auch das entsprechende Dokument der CMDh mit den praktischen Anleitungen für Inhaber nationaler Zulassungen (einschließlich Zulassungen nach dem Verfahren der gegenseitigen Anerkennung und dezentrale Zulassungen) überarbeitet.

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