EMA und FDA aktualisieren die Grundsätze der parallelen wissenschaftliche Beratung im Zulassungsverfahren

Die Europäische Arzneimittelagentur EMA sowie die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA bieten Antragstellern für die Zulassung eines Arzneimittels oder eines klinischen Prüfpräparates jeweils die Möglichkeit, spezielle Fragen im Zusammenhang mit der Entwicklung eines Präparats im Rahmen einer wissenschaftlichen Beratung zu klären. Für Pharmafirmen, die sowohl eine Zulassung in der EU als auch in den USA anstreben, kann die Beratung durch die eine bzw. andere Behörde wegen unterschiedlicher Standards und Richtlinien im jeweiligen Zulassungsprozess häufig Mehrarbeit durch doppelt durchgeführte Tests und divergierender Prüfmethoden zur Folge haben. Die Möglichkeit eines parallelen Beratungsverfahrens (Parallel Scientific Advice, PSA), an der beide Zulassungsbehörden gleichzeitig beteiligt sind, schafft hier Abhilfe und existiert bereits seit mehreren Jahren. Die Grundprinzipien für dieses Verfahren wurden nun zwischen der EMA und der FDA neu ausgehandelt und in dem Dokument "General Principles EMA-FDA Parallel Scientific Advice (Human Medicinal Products)" im Juli 2021 auf den Webseiten beider Behörden veröffentlicht.

Nachfolgend sind die Kerninhalte des aktualisierten Parallel Scientific Advice Verfahrens zusammengefasst.

Zielgruppe des PSA-Verfahrens

Sponsoren bzw. Antragsteller, die in den USA eine Zulassung für ein klinisches Prüfpräparat (Investigational New Drug Application, IND) oder eine Zulassung für ein neues (auch biologisches) Arzneimittel (New Drug Application, NDA bzw. Biologic License Application, BLA) und gleichzeitig eine Zulassung in der EU anstreben, können dieses Verfahren in Anspruch nehmen.

Bevorzugte Arzneimittel-Kategorien für das PSA-Verfahren

Arzneimittel, für die das Verfahren den größten Nutzen bringt, sind z.B. onkologische Präparate, Antiinfektiva, Arzneimittel für seltene Krankheiten, Kinderarzneimittel, Medikamente zur Therapie von Herz-Kreislauferkrankungen sowie Arzneimittel mit Indikationen, für deren Entwicklung keine oder divergente Guidelines existieren.

Zweck und Rahmenbedingungen des PSA-Verfahrens

  • Mit diesem Verfahren soll eine Klärung und soweit wie möglich eine Harmonisierung der unterschiedlichen behördlichen Anforderungen und zulassungsbezogenen Standards erreicht werden, mit dem Ziel, doppelte oder divergierende Prüfungen beim Sponsor/Antragsteller zu vermeiden. Durch harmonisierte wissenschaftliche Beratung soll der Entwicklungsprozess des betreffenden Arzneimittels vorangebracht werden, mit dem Ziel, das Zulassungsverfahren für den europäischen und US-amerikanischen Markt zu beschleunigen oder zumindest nicht zu verzögern.
  • Grundlage des Verfahrens ist der vollständige Austausch von Informationen - auch solchen, die der Geheimhaltung unterliegen - zwischen den beiden Behörden und dem Antragsteller. Die Behörden sind durch ihre jeweilgen Regularien zur Geheimhaltung dieser Informationen gegenüber Dritten verpflichtet.
  • Die Anfrage an die Behörden für die Bewilligung eines PSA sollte auf eine spezifische Problemstellung in der Entwicklung des Präparats beschränkt sein.
  • Für ein Arzneimittel wird nur ein PSA bewilligt.
  • Eine Anfrage für einen PSA kann auch abgelehnt werden. In diesem Fall steht es dem Sponsor/Antragsteller frei, die jeweilige Einzel-Beratung mit der EU und der FDA zu initiieren. Alternativ dazu ist ein sog. konsultatives Beratungsverfahren (Consultative Advice Procedure) möglich. Hierbei wird ein Beratungsverfahren bei der einen Behörde initiiert und gleichzeitig die andere Behörde darüber informiert. Diese wird dann nur in die Diskussionen zu den wichtigsten Problemstellungen involviert. Das Ergebnis der Beratung, die schriftlich abgefasste Empfehlung, wird dann nur von der Behörde versendet, bei der das konsultative Verfahren initiiert wurde.

Ablauf und Dauer des PSA-Verfahrens

Anfragen für einen PSA sind unter den in dem Dokument "General Principles..." angegebenen Email-Adressen an beide Behörden zu richten. Die Anfrage sollte folgende Informationen enthalten:

  • Das in der Entwicklung befindliche Arzneimittel
  • Eine Begründung, warum eine gleichzeitige Beratung von Assessoren der EMA und den Reviewern der FDA vorteilhaft ist
  • Spezielle Fragestellungen, die geklärt werden sollten
  • Zielvorstellung für das Joint Meeting
  • Eine ausdrückliche Ermächtigung zum vollständigen Informationsaustausch zwischen beiden Behörden

Spätestens 70 Tage nach Bewilligung des PSA erhält der Sponsor/Antragsteller von jeder Behörde ein Bestätigungsschreiben via Email mit Angabe der Kontaktperson, die das Verfahren koordiniert. In dem PSA Joint Meeting (Tele- oder Videokonferenz), an dem Vertreter der beiden Behörden und des Sponsors/Antragstellers teilnehmen, werden die Problemstellungen besprochen und eine Klärung angestrebt. Bei Bedarf können ein pre-sponsor meeting vor bzw. ein post-sponsor meeting nach dem Joint Meeting durchgeführt werden, an dem nur die Vertreter der beiden Behörden teilnehmen.

Die einzelnen Phasen mit den jeweiligen Zeitfenstern und der Gesamtdauer des Verfahrens sind auf zwei Grafiken auf der EMA-Webseite übersichtlich dargestellt. Eine detaillierte Beschreibung aller Aspekte des Beratungsverfahrens der EMA findet man auf ihrer Webseite unter der Überschrift "Scientific advice and protocol assistance".

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