FDA-Leitlinienentwurf für Wirkstoffänderungen nach der Zulassung
Seminarempfehlung
11./12. Februar 2025
Entwicklung, Herstellung, Prüfung, Freigabe und Distribution
Wirkstoffhersteller, die im Zeitraum nach einer Zulassung Änderungen am Herstellungsprozess eines Arzneistoffes vornehmen wollen, sollten den neuen Leitlinienentwurf der US-amerikanischen FDA (Food and Drug Administration) berücksichtigen, welcher am 10. September 2018 veröffentlicht wurde.
Der 38-seitige Entwurf (inklusive zweier Anhänge) mit dem Titel "Postapproval Changes to Drug Substances" wurde als Teil der Bestrebungen zur Realisierung der "Generic Drug User Fee Amendments" (GDUFA II) fertiggestellt. Das Dokument enthält Empfehlungen für Inhaber von Zulassungen für neue Arzneimittel ("new drug applications" = NDA), Zulassungen für Generika ("abbreviated new drug applications" = ANDA), Zulassungen für neue Veterinärarzneimittel ("new animal drug applications" = NADA), Zulassungen für veterinäre Generika ("abbreviated new animal drug applications" = ANADA) sowie Inhaber von "Drug Master Files" (DMFs) und "Veterinary Master Files" (VMFs), die im Zeitraum nach der Zulassung Änderungen am Wirkstoffherstellungsprozess vornehmen wollen. Der Entwurf bezieht sich jedoch nicht auf Änderungen nach der Zulassung bei Peptiden, Oligonukleotiden, Radiopharmazeutika; oder Wirkstoffe, die aus natürlichen Quellen stammen oder durch Verfahren der Biotechnologie produziert wurden; sowie nichtsynthetische Schritte (wie etwa Fermentation) bei halbsynthetischen Wirkstoffen (Üb. d. Red., engl. Orig.: "peptides, oligonucleotides, radiopharmaceuticals; or drug substances isolated from natural sources or produced by procedures involving biotechnology; or nonsynthetic steps (such as fermentation) for semisynthetic drug substances.").
Der Leitlinienentwurf umfasst die folgenden Änderungen:
- Änderungen an Gebäuden, Produktionsgrößen oder Anlagen,
- Änderungen der Spezifikationen der Ausgangsstoffe, Rohstoffe, Zwischenprodukte und des Wirkstoffs;
- Änderungen am synthetischen Herstellungsprozess;
- Änderungen an der Herkunft des Wirkstoffes; und
- Änderungen am Verpackungssystem des Wirkstoffes.
Festgelegte Bedingungen
Die veröffentlichte Leitlinie enthält das Konzept festgelegter Bedingungen ("Established Conditions" = ECs) welches sich mit den Konzepten des aktuellen ICH-Q12-Leitlinienentwurfes "Pharmaceutical Product Lifecycle Management" deckt. Zulassungsinhaber müssen die FDA über Änderungen an den in Zulassungsanträgen festgelegten Bedingungen, die über die bereits im Antrag angekündigten Änderungen hinausgehen, in Kenntnis setzen. Die FDA identifiziert dabei drei große Berichtskategorien:
- Wesentliche Änderungen (Änderungen, welche die Einreichung einer Ergänzung mit vorheriger Genehmigung ("prior approval supplement" = PAS) erfordern;
- Moderate Änderungen (Änderungen, welche die Einreichung einer "Änderungen treten in 30 Tagen in Kraft"-Ergänzung (CBE-30) oder einer "Änderungen treten direkt in Kraft"-Ergänzung (CBE-0) erfordern);
- Änderungen, die in den Jahresbericht aufgenommen werden müssen.
Die Wahl der Berichtskategorie für eine Änderung basiert auf dem potentiellen Risiko der Änderung, negative Auswirkungen auf die Identität, Stärke, Qualität, Reinheit oder den Wirkstoffgehalt des Arzneimittels zu haben, da diese Faktoren mit dessen Sicherheit oder Wirksamkeit zusammenhängen können.
Risikobewertung
Das Dokument stellt fest, dass es bei Änderungen in späten Stufen des Wirkstoffherstellungsprozesses allgemein als wahrscheinlicher gilt, dass diese einen negativen Effekt auf die Qualität des Wirkstoffes und folglich auch auf die des Arzneimittels haben können. Die Meldung einer Änderung sollte mit einer Risikobewertung zur Begutachtung durch die FDA und die dazu empfohlene Dokumentation einhergehen. Der Umfang der eingereichten Daten zur Rechtfertigung einer Änderung und der ausgewählten Berichtskategorie sollten sich vollständig auf die Ergebnisse der Risikobewertung stützen. Laut der FDA muss die Risikobewertung kein ausführliches, komplexes Dokument sein. Sie sollte jedoch zeigen, wie das Risiko bewertet wurde und erklären, inwiefern die begleitenden Daten belegen, dass das Risiko behoben oder gemildert wurde, um der ausgewählten Berichtskategorie zu entsprechen (Üb. d. Red., engl. Orig.: "need not be a lengthy, complex document but should show how the risk was evaluated and explain how the accompanying data demonstrate the risk was addressed or mitigated to support the selected reporting category"). Die Wirkstoffdokumentation sollte als Ergänzung des referenzierten Master Files eingereicht werden, oder im Bereich "Wirkstoff" in einer Ergänzung zum Zulassungsantrag, wenn kein Master File referenziert wurde. Die Arzneimitteldokumentation sollte mit dem Jahresbericht oder als Ergänzung des Zulassungsantrags (= Änderungsanzeige) eingereicht werden, je nach Änderungskategorie.
Die Änderungskontrolle (Change Control) wird allgemein als Aufgabe der Qualitäts-Abteilungen (QC/QA) verstanden. Effektive Änderungskontrollmaßnahmen sind wesentliche Bestandteile des Pharmazeutischen Qualitätssystems (PQS). Obwohl der Leitlinienentwurf die Konzepte und Grundlagen der GMP- ("Good Manufacturing Practice"; dt.: gute Herstellungspraxis) und ICH-Leitlinien nicht noch einmal wiederholt, befürwortet die FDA die Anwendung moderner pharmazeutischer Entwicklungskonzepte, Qualitätsrisikomanagement (QRM), und ein effektives PQS in allen Stadien des Herstellungsprozesslebenszyklus.
Berichtspflichten
Die Berichtspflicht für die in der Leitlinie beschriebenen Änderungstypen kann bei einer einzigen oder mehreren Parteien liegen, abhängig davon, ob die Wirkstoffsynthese oder -verarbeitung in einem Zulassungsantrag oder in einem oder mehreren Master Files beschrieben wurde. Die Mitteilung an die FDA sollte jedoch einen Bezug zu der neuen Leitlinie enthalten (d.h. gemäß welcher Kategorie die Änderung vorgenommen wurde), sowie alle relevanten Informationen, welche die Qualität des Wirkstoffes und des Arzneimittels sicherstellen.
Auswirkungen auf das Arzneimittel
Wenn in Folge einer Änderung die Äquivalenz eines Wirkstoffes nicht nachgewiesen werden kann und die physikalischen Eigenschaften des Wirkstoffes die Herstellung oder die Wirksamkeit des Arzneimittels beeinträchtigen können, müssen Zulassungsinhaber das mit dem geänderten Wirkstoff hergestellte Arzneimittel prüfen, bevor dieses vertrieben werden darf. In solchen Fällen sollte eine Charge des Arzneimittels produziert werden, um den Effekt der Änderung in der Wirkstoffherstellung vollständig bewerten zu können. Die Größe der Arzneimittelcharge darf reduziert werden, sollte jedoch üblicherweise nicht unter 10% einer normalen, im kommerziellen Umfang gefertigten Charge liegen. Es sollten Freigabeprüfungen und die Ergebnisse von In-Prozess-Prüfungen für die Arzneimittelcharge bereitgestellt werden.
Darüber hinaus gehören zu dem Dokument zwei Anhänge:
- APPENDIX A (illustrativ): Changes to Drug Substance manufacture,
- APPENDIX B: Reporting Categories for additional examples of changes.