FDA Warning Letters und EU Non-Compliance Reports nach Inspektionen von Wirkstoffbetrieben - ein Vergleich
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Pflichten, Aufgaben und Verantwortlichkeiten bei der Herstellung von Arzneimitteln und Wirkstoffen
Auf der gesetzlichen Grundlage des "Freedom of Information Act" stellt die FDA die Warning Letters auf ihrer Webseite online und macht sie ohne weitere Einschränkungen durch Passwort oder login-Verfahren für jedermann kostenlos zugänglich. Die Inspektionsberichte europäischer Überwachungsbehörden - die "Statements of Non-Compliance with GMP" - sind seit Anfang 2011 in der EudraGMP-Datenbank öffentlich zugänglich (EMEA-Datenbank zu GMP-Inspektionen jetzt öffentlich zugänglich (EudraGMP)). Somit ist es möglich, die Produktionsstandorte zu identifizieren, die sowohl einen Warning Letter als auch einen Non-Compliance Report (NCR) erhalten haben.
Im Zeitraum zwischen 1. Oktober 2015 und 30. Juni 2017 erhielten insgesamt 3 Wirkstoffhersteller (zwei in China und einer in Indien) sowohl einen FDA-Warning Letter als auch den entsprechenden von einer Überwachungsbehörde eines EU-Mitgliedstaates ausgestellten NCR. Der nachfolgende Vergleich der beiden jeweiligen Dokumente enthüllt interessante Details:
1. Dongying Tiandong Pharmaceutical Co., Ltd., Dongying City, China
- Inspektion durch GMP-Inspektoren der EU am 9. Dezember 2015, Veröffentlichung des NCR am 25. Februar 2016; ausstellende Behörde: French National Agency for Medicines and Health Products Safety
- Inspektion durch FDA-Inspektoren am 12.-16. Oktober 2015; Datum des WL: 10. November 2016
Ergebnisse der EU-Inspektion
- 10 Abweichungen, davon 3 als "kritisch" und 2 als "major" eingestuft.
- kritisch: PCR-Analysen des von einem genehmigten Lieferanten bezogenen Roh-Heparins bestätigen die Anwesenheit von Fremd-DNA (DNA von Wiederkäuern). Die Analysenergebnisse wurden manipuliert.
Der Weg des Roh-Heparins vom Lieferanten zum Standort seiner Verarbeitung kann nicht nachvollzogen werden. Entsprechende Dokumente sind nicht vorhanden; die Qualitätssicherung weist erhebliche Lücken auf.
- major: nicht GMP-konformer Umgang mit Abweichungen und OOS-Ergebnissen; nicht sachgemäße Qualifizierung neuer Roh-Heparin Lieferanten; unzureichende Überprüfung der NMR-Spektren (Identitätsprüfung), zusätzlicher Peak, der auf eine Verunreinigung hinweist, wird ignoriert.
Behördliche Maßnahmen/Empfehlungen:
- Entzug des GMP-Zertifikats
- Entfernung des Herstellers aus den Dossiers der in der EU zugelassenen Arzneimittel empfohlen (Variation-Verfahren)
- Produkt-Rückruf unter Berücksichtigung der nationalen Versorgungssituation empfohlen
- Entzug des CEPs für Enoxaparin Natrium
Ergebnisse der FDA-Inspektion
- nicht GMP-konformer Umgang mit OOS-Ergebnissen (PCR) bei der Analytik von Roh-Heparin, keine CAPAs; PCR-Analytik nicht hinsichtlich Fremd-DNA (Wiederkäuer) validiert; unzureichende Evaluierung/Qualifizierung von Roh-Heparin Lieferanten.
Behördliche Maßnahmen/Empfehlungen:
- Zulassungsanträge, in denen dieser Hersteller als Lieferant genannt wird, werden bis zur Behebung der GMP-Mängel nicht weiter bearbeitet.
Die FDA-Inspektoren stießen auf die gleichen GMP-Mängel wie die EU GMP-Inspektoren 2 Monate zuvor. In diesem Zeitraum hat sich bei dem chinesischen Hersteller in Bezug auf die Behebung dieser Mängel offensichtlich nichts getan.
2. Polydrug Laboratories PVT. Ltd., Ambernath (East), Indien
- Inspektion durch GMP-Inspektoren der EU am 24. Februar 2016, Veröffentlichung des NCR am 11. November 2016; ausstellende Behörde: Agency for Medicinal Products and Medical Devices of Croatia
- Inspektion durch FDA-Inspektoren am 16.-23. März 2015; Datum des WL: 14. April 2016
Ergebnisse der EU-Inspektion
- 22 Abweichungen, davon 4 als "major" eingestuft.
- major: Mängel im Qualitätsmanagement in Bezug auf das Umpacken von Chargen und deren Lagerung; mangelhafte Validierung von computergestützten Systemen; CAPAs zur Behebung der in einer früheren Inspektion gefundenen Mängel wurden nicht umgesetzt.
- andere: Reduziertes Prüfdesign nicht GMP-konform; manuelle Integration von HPLC-Chromatogrammen; unzureichende Reinigungsvalidierung
Behördliche Maßnahmen/Empfehlungen:
- Entfernung des Herstellers aus den Dossiers der in der EU zugelassenen Arzneimittel empfohlen (Variation-Verfahren)
- Lieferstopp für Wirkstoff-Chargen dieses Herstellers
- Entzug des CEPs für 5 Wirkstoffe
Ergebnisse der FDA-Inspektion
- nicht GMP-konformer Umgang mit Kunden-Beanstandungen in Bezug auf die Produktqualität; keine Überprüfung auf Abweichungen und Ursachenforschung; keine Zugriffskontrolle auf elektronische Rohdaten; keine adäquaten Qualitätskontrollverfahren.
Behördliche Maßnahmen/Empfehlungen:
- Zulassungsanträge, in denen dieser Hersteller als Lieferant genannt wird, werden bis zur Behebung der GMP-Mängel nicht weiter bearbeitet.
- Import-Alert
Die EU GMP-Inspektion erfolgte hier ein knappes Jahr nach der Inspektion durch die FDA. In dieser Zeitspanne wurden entweder einige der GMP-Mängel behoben oder der Fokus der EU-Inspektoren lag auf anderen Bereichen. Der FDA Warning Letter war zumindest zum Zeitpunkt der EU-Inspektion noch nicht veröffentlicht.
3. Jinan Jinda Pharmaceutical Chemistry Co., Ltd., Zhangqiu City, China
- Inspektion durch GMP-Inspektoren der EU am 1. Juni 2016, Veröffentlichung des NCR am 29. Juli 2016; ausstellende Behörde: Spanish Agency of Medicines and Medical Devices
- Inspektion durch FDA-Inspektoren am 30.Mai.-1. Juni 2016; Datum des WL: 24. Februar 2017
Ergebnisse der EU-Inspektion
- 30 Abweichungen, davon 2 als "kritisch" und 8 als "major" eingestuft.
- kritisch: GMP-Verletzungen im Bereich der Kontrolle von Rohdaten und der Überprüfung/Handhabung von OOS-Ergebnissen
- major: GMP-Verletzungen in den Bereichen Training, Änderungskontrolle, Bewertung der Qualität, Prozessvalidierung, Reinigungsvalidierung
Behördliche Maßnahmen/Empfehlungen:
- Lieferstopp
- Entzug eines CEPs
Ergebnisse der FDA-Inspektion
- nicht GMP-konformer Umgang mit OOS-Ergebnissen, keine Ursachenforschung; keine Zugriffskontrolle auf elektronische Rohdaten.
Behördliche Maßnahmen/Empfehlungen:
- Zulassungsanträge, in denen dieser Hersteller als Lieferant genannt wird, werden bis zur Behebung der GMP-Mängel nicht weiter bearbeitet.
- Import-Alert
Die FDA- und EU GMP-Inspektion erfolgten zeitlich unmittelbar hintereinander; die Inspektoren gaben sich gewissermaßen die Klinke in die Hand. Entsprechend gleichen sich auch die gefundenen GMP-Mängel.
Wie der Vergleich der Inspektionsberichte zeigt, fallen die inspizierten Standorte zum Teil durch die gleichen GMP-Mängel auf. Leider ist ein genauerer Vergleich mit den ausführlich formulierten Warning Letters wegen der knappen, oft nur stichwortartigen Angaben in den Non Compliance Reports nicht möglich.