Fragen und Antworten zum Thema Endotoxinmaskierung

Maskierung und niedrige Wiederfindungsraten von Endotoxinen sind ein derzeit vielfältig diskutiertes Thema im Bereich der mikrobiologischen Qualitätssicherung von Arzneimitteln. Im Rahmen unseres Webinars zum Thema Endotoxinmaskierung und niedrige Endotoxin Wiederfindungsraten wurden von den Teilnehmern eine ganze Reihe von Fragen an den Referenten Johannes Reich gestellt, die er freundlicherweise im nachfolgenden Fragen-und-Antworten-Katalog zusammengefasst hat:

"Die folgenden Fragen und Antworten stellen eine kurze Zusammenfassung der gestellten Fragen am Webinar dar. Die Antworten sind unverbindlich und sollen zur Orientierung dienen.

  • Müssen für alle Formulierungen bzw. Rezepturen Studien zur zeitabhängigen Endotoxinwiederfindung durchgeführt werden?
    Ja, es ist nicht ausreichend, nur einzelne Stoffgruppen oder Formulierungsklassen zu überprüfen, da die Endotoxinmaskierung von vielen verschiedenen Faktoren abhängt. Beispielsweise können unterschiedliche pH-Einstellungen bei sonst gleichen Bedingungen  die Maskierung signifikant beeinflussen.
  • Was ist der Unterschied zwischen "Testinterferenz" und " Endotoxinmaskierung"?
    Beide Phänomene haben unterschiedliche Ursachen. Im Falle der Testinterferenz  wird das Nachweissystem bzw. die enzymatische Reaktion direkt durch die Umgebungsbedingungen gestört. So können bspw. Proteaseinhibitoren das Nachweisenzym hemmen und dadurch zu einem falsch negativen Ergebnis führen.
    Wenn wiederum Endotoxinmaskierung auftritt, wird das nachzuweisende Endotoxin selbst durch die Umgebungsbedingungen beeinflusst. Das bedeutet, die aktive Form (supramolekulare Struktur) des Endotoxins hat sich geändert und führt zu deutlich geringeren Aktivitäten im Detektionssystem. Die enzymatische Nachweisreaktion ist dabei jedoch nicht gehemmt.
    In der Praxis können beide Phänomene auch gleichzeitig auftreten.
  • Wie kann zwischen Interferenz und Maskierung unterschieden werden?
    Da es sich bei der Interferenz um ein zeitunabhängiges und bei der Maskierung um zeitabhängiges Phänomen handelt,  zusätzlich zur positiv Produktkontrolle, sind zeitabhängige Experimente nötig. Das heißt, die Wiederfindungsraten nehmen im Zeitverlauf ab, wenn Maskierung vorliegt. Um im Grenzfall zwischen den Phänomenen unterscheiden zu können, muss eine ausreichend hohe Spikekonzentration in der unverdünnten Probe gewählt werden, damit nach dem Inkubationsschritt entsprechend stark verdünnt werden kann, um Testinterferenzen auszuschließen. 
  • Wie lange und bei welcher Inkubationstemperatur soll ein Maskierungsexperiment durchgeführt werden?
    Die Inkubationsdauer hängt stark von der jeweiligen Probe ab. Eine signifikante Abnahme der Endotoxinwiederfindung (< 50 %) konnte in einigen Fällen bereits nach Minuten (z.B.: 30 min) beobachtet werden. Andererseits gibt es Beispiele, in denen die Maskierung erst nach mehreren Tagen (z.B.:  > 5 Tage) beobachtet werden konnte.
    Die Inkubationstemperatur sollte so gewählt werden, dass sie der Umgebungstemperatur der Probe entspricht, die gewöhnlich bei der Handhabung vorliegen würde. Es ist aber zu bemerken, dass die Temperatur die Maskierungskinetik beschleunigen (T?)  oder verlangsamen (T?) kann.
  • Welcher Wert dient als Startwert einer Maskierungskinetik?
    Als Startwert (100 %) kann die Endotoxinwiederfindung in LRW (LAL reagent water) verwendet werden. 
  • Welche Konzentration sollte der Endotoxinspike haben?
    Die optimale Spikekonzentration ist abhängig von der zu untersuchenden Probe und sollte auf das nachzuweisende Endotoxin Limit und die MVD (Maximum Valid Dilution) abgestimmt sein. Geringe Spike Konzentrationen ( z. B.: <10 EU/mL) können sich auch kritisch in reinem LRW verhalten.
  • Wie wird sichergestellt, dass LRW und/oder Probengefäß das Endotoxin nicht maskieren?
    Um Endotoxin Maskierung in LRW bzw. durch das Probengefäß auszuschließen, soll der Endotoxin spike in LRW (im gleichen Probengefäß) auch, sowie die eigentliche Maskierungsprobe über die Zeit überwacht werden.
  • Welche Testsysteme können für den Nachweis eingesetzt werden?
    Zur Durchführung von Endotoxinmaskierungsexperimenten können alle gängigen Nachweissysteme wie z. B.  LAL (turbidimetrisch, chromogen, etc), rekombinante Nachweissysteme oder auch Monocytenakivierungstests (MAT) verwendet werden.
  • Welche Maßnahmen sind nach Feststellung der Maskierung zu treffen?
    Nachdem Endotoxinmaskierung festgestellt wurde, ist zu empfehlen, das benutzte Testsystem zu optimieren (z. B.: Probenvorbereitung) bzw. alternative Methoden zu verwenden.
  • Was ist das Prinzip der Demaskierung?
    Es ist anzunehmen, dass die Detektierbarkeit von Endotoxin abhängig von der supramolekularen Struktur ist. Diese Struktur kann je nach Umgebungsbedingung unterschiedliche Aggregationsformen aufweisen und folglich zu unterschiedlichen Aktivitäten führen. Während der Maskierung wird die Endotoxinstruktur in einen nicht nachweisbaren Zustand überführt (z.B. Monomere). Um maskiertes Endotoxin wieder in einen aktiven Zustand überführen zu können, müssen die Umgebungsbedingungen so gewählt werden, dass sich im Gleichgewicht wieder aktive Aggregationsformen "selbst organisieren".

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