GMP-Update: Folgen des neuen Vorschlags der EU-Kommission

Die Europäische Kommission hat am 26. April 2023 den Vorschlag für die Überarbeitung des EU-Arzneimittelrechts vorgelegt. Die Änderungen sollen in einer Richtlinie und einer Verordnung geregelt werden.

Konkret ersetzt werden soll hierbei die Richtlinie 2001/83 (Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel) und die Richtline 2009/35/EC. Der Vorschlag zur neuen Verordnung 726/2004 (Zulassung von Arzneimitteln und Errichtung der Europäischen Arzneimittel-Agentur) soll die Verordnung 141/2000 für Orphan Drugs sowie die Verordnung 1901/2006 für Kinderarzneimittel ersetzen, bringt aber auch eine Reihe neuer und angepasster Regelungen.

Der Vorschlag der Europäischen Kommission hat das Ziel, das EU-Arzneimittelrecht agiler, flexibler und anpassungsfähiger an die Bedürfnisse von Patienten und Unternehmen in der EU zu machen. Die Reform zielt darauf ab, die Verfügbarkeit, Zugänglichkeit und Erschwinglichkeit von Arzneimitteln zu verbessern, gleichzeitig höhere Umweltstandards zu fördern und die Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität der pharmazeutischen Industrie in der EU zu steigern. Zu den Schlüsselelementen des Vorschlags gehören die Schaffung eines Binnenmarktes für Arzneimittel, die Verringerung des Verwaltungsaufwands, die Förderung von Innovation und Wettbewerbsfähigkeit, die Behebung von Arzneimittelknappheit, die Gewährleistung der ökologischen Nachhaltigkeit und die Bekämpfung der Antibiotikaresistenz. In der Reform wird auch ein Mindestzeitraum von acht Jahren für den regulatorischen Schutz innovativer Arzneimittel vorgeschlagen, der auf der Grundlage bestimmter Kriterien verlängert werden kann. Darüber hinaus möchte die Kommission den Kampf gegen Antibiotikaresistenzen (AMR) verstärken.

Geplante Änderungen mit GMP-Relevanz

Eine wichtige Änderung mit GMP-Relevanz sind die angepassten Voraussetzungen für die Qualifizierung einer sachkundigen Person (Qualified Person; QP), die bislang in Artikel 48 der Richtlinie 2001/83/EU geregelt werden. Diese befinden sich nun in einem Anhang der Richtlinie 2023/132 (Anhang III).

Erleichterung in Bezug auf die "Written Confirmation": Mitgliedstaaten können im Rahmen der Gültigkeitsdauer des GMP-Zertifikats von der Anforderung der "Written Confirmation" absehen (Art. 158 der Richtlinie 2023/132).

Remote-Inspektionen: Erleichterungen für Inspektorate bezüglich Remote-Inspektion sowie bei risikobasierten Ansätzen zur Inspektionshäufigkeit.

Bei der Konferenz Qualified Person Update 2023 am 09./10. Mai 2023 in München wird Frau Dr. Bicane vom Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) einen Überblick über die geplanten Änderungen geben.

Ein weiterer Fokus liegt auf der Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln. Dies soll in der neuen Verordnung geregelt werden (Art. 116 ff). Der Vorschlag enthält hierzu Vorschriften für die Überwachung und das Management von Engpässen und kritischen Engpässen bei Arzneimitteln. Die Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen sind verpflichtet, die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats, in dem das Arzneimittel in Verkehr gebracht wird, und die EMA über jede dauerhafte oder vorübergehende Einstellung oder Aussetzung des Inverkehrbringens oder der Lieferung des Arzneimittels zu unterrichten. Außerdem müssen sie einen Plan zur Verhinderung von Lieferengpässen aufstellen. Die zuständige Behörde und die EMA überwachen jede potenzielle oder tatsächliche Verknappung von Arzneimitteln, und die zuständige Behörde kann vom Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen zusätzliche Informationen verlangen, z. B. einen Plan zur Begrenzung der Verknappung oder eine Risikobewertung. Der Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen muss die angeforderten Informationen unverzüglich vorlegen.

Weitere interessante Punkte der Verordnung

  • Definitionen von "kritisches Arzneimittel", "Lieferengpass", "kritischer Lieferengpass" und "kritischer Lieferengpass in einem Mitgliedstaat" (Art. 2),
  • Regelungen zur AMR (antimikrobielle Resistenz) inkl. eines "Exklusivitätsvoucher",
  • Heilmittelwerbung.

In der Richtlinie finden sich neue Passagen u. a. noch zu folgenden Themen:

  • Unterlagenschutz: neue Regelungen des Verwertungsschutzes (Regulatory Data Protection - RDP),
  • Repurposing: ein sog. Schutzzeitraum für Arzneimittel mit einer neuen therapeutischen Indikation,
  • "Bolar-Ausnahme": Erweiterung der sog. Bolar-Regelung, wonach bestimmte Studien und Versuche nicht als Verletzung des Patents bzw. des ergänzenden Schutzzertifikates gelten,
  • Rewards für Pädiatrische Arzneimittel,
  • Anpassungen von Risikomanagementplänen für die Zulassung von Generika und Biosimilars, Elektronische Packungsbeilage,
  • Vorschriften für Kombinationsprodukte (Produkte, die ein Arzneimittel und ein Medizinprodukt kombinieren),
  • Bewertung von bestimmten Hilfsstoffen (Farbstoffen als zugelassene Lebensmittelzusatzstoffe).

Q&A Dokument

Die EU Kommission hat auch direkt ein Frage- und Antworten-Dokument veröffentlicht (Frequently Asked Questions: Revision of the Pharmaceutical legislation), welches die Hintergründe und Ziele gut beschreibt. Besser, als dies die eigentliche Pressemitteilung tut.

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