Häufige GMP-Verstöße bei Wirkstoffherstellern im Spiegel der Warning Letters - aktuelle Trends
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22./23. Januar 2025
Pflichten, Aufgaben und Verantwortlichkeiten bei der Herstellung von Arzneimitteln und Wirkstoffen
Die Anzahl der Warning Letters, die die FDA in den letzten elfeinhalb Monaten an Wirkstoffbetriebe versendet hat, bleibt im Vergleich zu früheren Jahren konstant hoch. Im Fiskaljahr 2016 waren es 22 im FY 2017 23 und im demnächst zu Ende gehenden FY 2018 sind es bereits 20. Nach wie vor ist unter den Warning Letter-Adressaten der Anteil an Firmen in Fernost hoch: 9 stammen aus China, 5 aus Indien, 3 aus Japan, 1 aus Australien, 1 aus Kanada und 1 aus den Niederlanden.
Wie bereits in den vergangenen Fiskaljahren fanden auch in den vergangenen Monaten die FDA-Inspektoren wieder zahlreiche GMP-Verstöße im Bereich Labor/Qualitätskontrolle und hier besonders bei der Handhabung von analytischen Daten. Die entsprechende Vorschrift, die von insgesamt 7 Betrieben missachtet wurde, steht in der ICH Q7-Leitlinie Kapitel 6, „DOCUMENTATION AND RECORDS“, 6.6 „Laboratory Control Records“ im Abschnitt 6.60:
"Laboratory control records should include complete data derived from all tests conducted to ensure compliance with established specifications and standards…"
Nachfolgend einige Beispiele aus den Warning Letters im Originalwortlaut, aus denen ersichtlich wird, welche Mängel die FDA-Inspektoren vorfanden:
"Your firm failed to retain and locate the analytical raw data for batches … which you shipped to the United States …"
"You released numerous drugs without completing all required testing. You claimed that the drugs were tested for identity and assay, and met required specifications for these attributes. However, these tests were never conducted …"
"… we found test data sheets with missing sample weights for identity testing, batch/lot numbers for reference standards and reagents, equipment identification, and complete thin layer chromatography data for related compounds."
Ein weiterer häufig auftretender Fehler - ebenfalls aus dem Bereich der Qualitätskontrolle - bezieht sich auf den Umgang mit OOS-Resultaten. ICH Q7 fordert in Kapitel 11, "LABORATORY CONTROLS", 11.1 "General Controls" in Abschnitt 11.15 die Ursachenforschung und Aufklärung eines OOS-Ergebnisses:
"Any out-of-specification result obtained should be investigated and documented according to a procedure. This procedure should require analysis of the data, assessment of whether a significant problem exists, allocation of the tasks for corrective actions, and conclusions. Any resampling and/or retesting after OOS results should be performed according to a documented procedure."
Hier waren es 6 von 20 Firmen, die diese Anforderung nicht umgesetzt und "umpassende" Analysenergebnisse entweder ignoriert oder deren Ursache nur unzureichend aufgeklärt hatten.
"Your firm ignored aberrant analytical test results rather than investigating them, determining the root cause, and implementing appropriate corrective actions."
"Our review of your out-of-specification (OOS) investigations found that you lacked adequate procedures for investigating, and scientific justification to invalidate, OOS results."
Das Thema "Datenintegrität" spielte, wie in den beiden Fiskaljahren zuvor, auch in den WLs des FY 2018 wiederum eine größere Rolle. In 5 (von 20) Betrieben wurden qualitätskritische elektronische Daten nicht ausreichend vor Fremdzugriff und Manipulation geschützt, so wie es ICH Q7 in Kapitel 5, "PROCESS EQUIPMENT", 5.4 "Computerized Systems" im Abschnitt 5.43 fordert:
"Computerized systems should have sufficient controls to prevent unauthorized access or changes to data. There should be controls to prevent omissions in data (e.g. system turned off and data not captured). There should be a record of any data change made, the previous entry, who made the change, and when the change was made."
Die Detailbeschreibung dieses Mangels in nachfolgendem Beispiel aus einem WL an einen chinesischen Wirkstoffproduzenten zeigt exemplarisch das Ausmaß solcher GMP-Verstöße:
"Laboratory equipment used to generate analytical data for batch release purposes by your quality unit lacked restricted access. For example, the high-performance chromatography (HPLC) and gas chromatography systems each had a single username with administrator rights. All users could delete or modify files, and there was no mechanism to trace individuals who may have created, modified, or deleted data generated by computerized systems."
Allerdings ist der Anteil an Firmen mit Datenintegritäts-Problemen im Vergleich zu den Fiskaljahren 2017 und 2016 etwas geringer: da waren es 7 von 23 und 12 von 22.
Das nachfolgende Schaubild zeigt, auf welche Themen sich die 4 häufigsten GMP-Mängel im FY 2018 verteilen.
Die Betrachtung der Warning Letters und der darin beschriebenen Mängel macht einmal mehr klar, welche wichtige Rolle der Umgang mit (Roh-)Daten, die Handhabung von Abweichungen (OOS) und die Sicherstellung der Datenintegrität für das Bestehen einer FDA-Inspektion spielt. Aber auch ganz elementare "Gute Manieren" bei der Produktion von Wirkstoffen wie der Nachweis, dass Reinigungsverfahren effizient oder die verwendeten analytischen Methoden validiert sind, werden von den Inspektoren vor Ort genau in den Blick genommen.
Das Studium der Warning Letters liefert somit eine Menge wertvoller Informationen, die sich sowohl für eine Inspektionsvorbereitung als auch für ein Lieferantenaudit als ausgeprochen nützlich erweisen können.
Hinweis: Eine ausführlichere Analyse der Wirkstoff-Warning Letters erscheint in einer der nächsten Ausgaben unseres GMP-Journals. Auf dem Mitgliederbereich der ECA finden Sie in Kürze eine detaillierte Auswertung der WL-Zitate der Fiskaljahre 2016 bis 2018 in Form einer Datensammlung sowie die entsprechenden Häufigkeitsverteilungen der einzelnen Themen.