Indien blockiert weiteren Ausbau der ICH-Harmonisierung
Seminarempfehlung
26./27. November 2024
Wie werden Arzneimittel-Medizinprodukt-Kombinationen reguliert?
Indien blockiert den weiteren Ausbau und somit den Erfolg der International Conference on Harmonisation (ICH). Das Land will zusammen mit einigen Patientengruppen verhindern, dass die WHO weiter im ICH Prozess involviert ist.
Die ICH ist eine Organisation, die sich der Harmonisierung von regulatorischen Standards in der Pharma Industrie verpflichtet hat. Sie wurde 1990 gegründet. Mitglieder der ICH sind die Arzneimittelbehörden der USA (FDA), von Europa (EMA/EU Kommission) und von Japan sowie auch die Industrieverbände der drei Regionen (EFPIA, PhRMA, JPMA). Als sogenannte Oberservers nehmen die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die European Free Trade Association (EFTA) und Health Canada teil. Die International Federation of Pharmaceutical Manufacturers & Associations (IFPMA) ist als nicht stimmberechtigtes Mitglied im Steering Committee vertreten.
Seit der Gründung ist die ICH eine Erfolgsgeschichte. Während zunächst nur zulassungsrelevante Regularien harmonisiert wurden, wurde später auch im Bereich Qualität eine Reihe von GMP relevanten Dokumente erarbeitet. Angefangen von ICH Q7 (GMP für Wirkstoffe) über ICH Q8 Pharmaceutical Development (Quality by Design), ICH Q9 Quality Risk Management, ICH Q10 Pharmaceutical Quality System und zuletzt zu ICH Q11 Development and Manufacturer of Drug Substances wurden GMP-relevante Vorgaben harmonisiert. Diese vervollständigten die umfangreiche Palette an harmonisierten Quality Guidelines, die mit Q1 Stability begannen und mit Q2 Analytical Validation, Q3 Impurities, Q4 Pharmacopoeias, 5 Quality of Biotechnological Products und Q6 Specifications fortgesetzt wurden. Darüber hinaus gibt es harmonisierte Guidelines in anderen Bereich wie z.B. zu Safety und Efficacy.
Dass nun Indien die WHO daran hindert, die erfolgreiche Harmonisierung weiter zu führen, erstaunt auf den ersten Blick. Schließlich muss es im Interesse aller Länder sein, einen hohen Standard an die Arzneimittelsicherheit zu gewährleisten und dabei zu verhindern, dass jedes Land eigene Regularien etabliert, die keinen Sicherheitsgewinn bringen, aber die Kosten für Arzneimittel erhöhen.
Unterstützt wird Indien bei den Bemühungen durch verschiedene Patientengruppen. Dabei wird kritisiert, dass neben Behörden auch Industrieorganisationen im ICH Steering Committee vertreten sind (wie oben ausgeführt). Hier vermutet Indien nun einen Missbrauch der ICH Harmonisierung. Der Argumentation folgend etabliert die ICH Standards, die nur den international führenden Pharma-Unternehmen helfen, ihre Arzneimittel gegen günstige Alternativen aus der dritten Welt zu schützen.
Unter den Wortführern ist auch die Indische Central Drug Standards Control Organisation (CDSCO), die im Rahmen der Erstellung der sogenannten Written Confirmation (GMP Compliance Statement für den Import von Wirkstoffen in die EU) in die Kritik geraten war. Während immer wieder massive GMP-Probleme bei indischen Betrieben festgestellt wurden, hat die CDSCO auf ihrer Webseite noch Written Confirmations zu Betrieben publiziert, die sowohl von EU als auch von FDA-Inspektoren als nicht-GMP-konform bewertet wurden.
Nach Ansicht der Patientengruppe Medicus Mundi und People's Health Movement hat die ICH Standards etabliert, die keinen zusätzlichen Mehrwert für die Qualitätssicherung von Arzneimitteln bringen, stattdessen aber die Kosten für die Arzneimittelfertigung in die Höhe treiben und damit die Verfügbarkeit von günstigen Arzneimitteln am Markt verhindern.
Es wäre mehr als bedauerlich, wenn die ICH-Harmonisierungsbestrebungen durch die Initiative gebremst würde. Die ICH hat einen enormen Beitrag für die Patientensicherheit geleistet. Nicht zuletzt durch die ICH-Bemühungen und deren Standards wurden regulatorisch bedingte Kosten für Arzneimittel gesenkt. Den Beweis, dass ICH-Regelwerke Standards künstlich erhöhen, sind die Kritiker schuldig geblieben. Es wäre fatal, wenn die Standards für die Arzneimittelsicherheit in einigen Ländern niedriger gesetzt werden als die in den ICH-Regionen. Leidtragende wären dann wohl vor allem Patienten in der dritten Welt, die Arzneimittel nach anderen Standards nutzen müssten.
Quelle: The Times of India Artikel: India thwarts Big Pharma push at WHO assembly