Ist das Arzneibuch eigentlich Gesetz?

In Deutschland ist für Arzneimittel- und Wirkstoffhersteller v. a. das Bundesrecht von Interesse und hier insbesondere das AMG (Arzneimittelgesetz) und die AMWHV (Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung), die sich in §3(2) auf den EU-GMP-Leitfaden bezieht. Damit wird die Einhaltung der GMP-Anforderungen für beide verbindlich. Zusätzlich gibt es noch eine Reihe an EU-Verordnungen ("Regulations"), die direkt bindend wirksam sind. Was aber ist mit den Arzneibüchern (Pharmakopöe bzw. Phamacopeia)?

Was ist das Arzneibuch?

Ein Arzneibuch ist eine Sammlung von anerkannten Regeln zur pharmazeutischen Qualität, Prüfung, Lagerung und Bezeichnung bestimmter Wirkstoffe und Arzneimittel. Es enthält auch Regeln für die Beschaffenheit von Behältnissen und Umhüllungen. In Deutschland gibt es derer gleich drei:

  • Deutsches Arzneibuch DAB, herausgegeben vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Diese berufen die Mitglieder der Deutschen Arzneibuch-Kommission aus Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft, der Heilberufe, der beteiligten Wirtschaftskreise und der Arzneimittelüberwachung.
  • Homöopathisches Arzneibuch HAB, Teil des DAB
  • Europäisches Arzneibuch EuAB (European Pharmacopoeia, Ph, Eur.), herausgegeben vom European Directorate for the Quality of Medicines & HealthCare (EDQM)

"Die Regeln des Arzneibuches werden von der Deutschen Arzneibuch-Kommission oder der Europäischen Arzneibuch-Kommission beschlossen" (§55, AMG). Laut "Mission" des Europäischen Arzneibuchs ist der Zweck "die Förderung der öffentlichen Gesundheit durch die Bereitstellung anerkannter gemeinsamer Normen für die Qualität von Arzneimitteln und ihren Bestandteilen".

Rechtsgrundlage

In Deutschland erhält das Arzneibuch seine Rechtsgrundlage durch §55 des Arzneimittelgesetzes (AMG). Allerdings wird auf einen Rechtsverordnungscharakter verzichtet, da solch eine "Sammlung anerkannter pharmazeutischer Regeln" schnellere Anpassungen erlaubt. Für die formelle Verbindlichkeit erfolgt die Bekanntmachung im Bundesanzeiger (Bezugsquelle der Fassung des Arzneibuches und Beginn der Geltung der Neufassung). Gemäß §8 (1) ist es verboten, "Arzneimittel oder Wirkstoffe herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert sind oder mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind."

Das Europäische Arzneibuch ist auch im EU-Recht verankert. Gleich mehrere Rechtstexte machen das Europäische Arzneibuch laut EDQM verbindlich: Das vom Europarat ausgearbeitete Übereinkommen über die Ausarbeitung eines Europäischen Arzneibuches, ein 1994 angenommenes Protokoll zur Änderung des Übereinkommens, um den Beitritt der Europäischen Union vorzubereiten und die jeweiligen Befugnisse der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten innerhalb der Europäischen Arzneibuchkommission festzulegen, sowie
die Richtlinie 2001/83/EG der Europäischen Union über Humanarzneimittel in ihrer geänderten Fassung und die Verordnung (EU) 2019/6 über Tierarzneimittel. Diese behalten den obligatorischen Charakter der Monografien des Europäischen Arzneibuchs bei der Beantragung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen (Marketing Authorisation, MA) bei.

Das Deutsche Arzneibuch und das Homöopathische Arzneibuch können beim Deutschen Apotheker Verlag in Stuttgart bezogen werden.

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