Müssen Parenteralia 100% frei von Partikeln sein?

Parenteralia müssen gemäß den Vorgaben der Arzneibücher zu 100% visuell kontrolliert werden. Dabei wird nicht nur auf Beschädigungen des Primärbehältnisses, sondern auch auf die Abwesenheit von Partikeln geachtet. Aber müssen diese Arzneimittel wirklich zu 100% frei von Partikeln sein?

Grundsätzlich ja, allerdings bezieht sich diese Partikelfreiheit nur auf sichtbare Partikel. Kleine, sogenannte sub-visible Partikel dürfen laut den Spezifikationen der Arzneibücher vorhanden sein. So erlaubt das Europäische Arzneibuch beispielsweise bei der Light Obscuration Zählmethode in Behältern bis 100 mL bis zu 25 Partikel (<= 10 µm) pro mL und bis zu 3 Partikel (<= 25 µm).

Es ist wichtig, zwischen intrinsischen und extrinsischen Partikeln zu unterscheiden. Intrinsische Partikel, die vom Arzneimittel oder Wirkstoff selbst stammen, sind zwar meist unerwünscht, können aber auch Teil des Arzneimittels sein und in der Zulassung beschrieben sein, wie bei Suspensionen. Extrinsische Partikel, wie Fasern, Glas oder Abrieb von Maschinenteilen, sind hingegen immer unerwünscht. Das sterile, flüssige Medikament soll frei von diesen Partikeln sein. Technisch ist es jedoch nicht möglich, ein Arzneimittel völlig partikelfrei herzustellen. Eine 100% partikelfreie Charge ist also nicht machbar, und Einheiten mit Partikeln müssen aussortiert werden. Dies geschieht im Rahmen der vorgeschriebenen 100% visuellen Inspektion während der Herstellung.

Aber auch die Partikelprüfung selbst ist problematisch. Obwohl jedes Behältnis einer Charge visuell auf sichtbare Partikel geprüft wird, ist diese Prüfung probabilistisch. Das bedeutet, die Entdeckungswahrscheinlichkeit für sichtbare Partikel liegt nicht bei 100%. Egal ob die Prüfung manuell oder mittels einer vollautomatischen optischen Prüfmaschine erfolgt, werden nicht alle Einheiten mit Partikeln erkannt. Die Entdeckungswahrscheinlichkeit hängt von vielen Faktoren ab, wie der Größe, Farbe, Opaleszenz und Form des Partikels sowie seiner Position im Behältnis. Auch das Packmittel spielt bei der Entdeckungswahrscheinlichkeit eine Rolle, wenn man an opake Kunststoffverpackung (z.B. BFS) oder Braunglas denkt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine chargenweise Herstellung ohne Partikel nicht möglich ist und nicht alle Einheiten mit Partikeln sicher erkannt werden. Wie passt dies zur Anforderung, dass sterile Arzneimittel zur Injektion frei von Partikeln sein sollen?

Hier hilft ein genauer Blick in die Arzneibücher. Die Anforderung lautet nicht "frei von Partikeln", sondern "praktisch frei von Partikeln" (practically/essentially free from visible foreign particles). Dieser schwer messbare Begriff wurde im Jahr 2014 im USP Kapitel <790> Visible Particulates in Injections präzisiert. Dort wird eine AQL-Prüfung beschrieben, die, wenn sie mit einem AQL von 0,65 oder besser bestanden wird, eine Charge als praktisch frei von Partikeln definiert. In der Praxis bedeutet dies, dass nach einer validierten 100% visuellen Prüfung aller Einheiten einer Charge, bei der alle erkannten Partikel aussortiert werden, eine Stichprobe gemäß AQL-Prüfplan nachkontrolliert wird. Die zulässige Anzahl von Einheiten mit Partikeln hängt von der Chargengröße ab. Diese Prüfung ist in Europa nicht vorgeschrieben, wird aber als Stand der Technik verstanden und in den meisten Pharmaunternehmen durchgeführt. Auch der Best Practice Guide der ECA Visual Inspection Group schlägt diesen Weg vor. Natürlich sind auch andere Wege denkbar, die Qualität der visuellen Kontrolle zu verbessern, wie zum Beispiel eine generelle zweite 100%-Prüfung aller Chargen. Dies wird ja von vielen Firmen bereits praktiziert, allerdings nur für Chargen, die für den japanischen Markt vorgesehen sind.

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