Neue EMA Guideline zu Dedicated Facilities und Grenzwerten für die Reinigungsvalidierung
Seminarempfehlung
26.-28. November 2024
Die im Januar veröffentlichte draft Guideline (Guideline on setting health based exposure limits for use in risk identification in the manufacture of different medicinal products in shared facilities) wurde bereits im Dezember 2012 von der Safety Working Party der EMA abschließend diskutiert. Erforderlich ist die neue Guideline durch den wissenschaftlicheren Ansatz der Kapitel 3.6 und 5.17-20 des EU-GMP Leitfadens geworden. Auch war die bisherige Forderung nach der Herstellung in dedizierten Anlagen/Facilites für gewisse Stoffe ("certain antibiotics, certain hormones, certain cytotoxic and certain highly active drugs") ohne die Berücksichtigung von toxikologischen/pharmakologischen Daten wenig wissenschaftlich, da Substanzspezifische Daten nicht berücksichtigt wurden. Gleiches gilt für die Festlegung des 1/1000 Dosis bzw 10 ppm Kriteriums in der Reinigungsvalidierung.
Dieses Vorgehen wird nun für Stoffe, die einen Schwellenwert bzgl. einer pharmakologischen/toxikologischenWirkung besitzen, aufgegeben und weicht dem Ansatz der Berechnung des PDE: Permitted Daily Exposure (anderweitig auch als ADE, Acceptable Daily Exposure bezeichnet). Der PDE ist dabei die Dosis, bei der bei täglicher Aufnahme über den gesamten Lebenszeitraum kein negativer Effekt beobachtet wird. Dieser Ansatz ist nicht neu, kommt das PDE-Konzept schon in der ICH Guidline Q3C (R4) "Guideline for Residual Solvents" zum Einsatz.
Die Berechnung erfolgt hierbei Wirkstoffspezifisch anhand aller verfügbaren toxikologischen und pharmakologischen Daten aus klinischen, präklinischen oder toxikologischen Studien anhand des NOEL (no-observed-effect-level). Der NOEL ist dabei die höchste Dosis, bei der kein kritischer Effekt zu beobachten ist. Der kritische Effekt wiederum kann eine gesundheitsschädigende Wirkung sein (aus z.B. einer Tox-Studie) oder auch ein therapeutischer Effekt (klinische Studie). Für alle kritischen Effekte (anderweitig auch als lead effect bezeichnet) wird der NOEL bestimmt und der kleinste Wert für die Berechnung des PDE herangezogen. Der NOEL wird hierzu durch einige Sicherheitsfaktoren geteilt, wie in der genannten Guideline ICH Q3C (R4) beschrieben.
Ausgenommen von dieser Vorgehensweise sind Stoffe mit genotoxischem oder sensibilisierendem Potential. Da bei diesen Stoffen in der Regel kein Schwellenwert - also keine sichere Dosis existiert, d.h. jede Stoffaufnahme ein Risiko darstellt, ist der PDE Ansatz nicht möglich. Für Stoffe mit genotoxischem Potential verweist die EMA auf die Guideline "Limits of Genotoxic Impurities" und das TTC-Konzept (Threshold of Toxicological Concern). Für genotoxische Verunreinigungen (impurities) wird dort ein Grenzwert von 1,5 µg/Person/Tag vorgegeben. Da Rückstände von hochwirksamen Stoffen im Gegensatz zu herstellungsimmanenten Verunreinigungen vermeidbare Verunreinigungen sind, setzt die EMA hier einen strengeren Grenzwert von 0,15 µg/Person/Tag an.
Bei Stoffen mit sensibilisierendem Potential, für die kein Schwellenwert bekannt ist, gilt die Vorgabe aus Kapitel 3.6 des EU-GMP Leitfadens, dass dedizierte Anlagen zu verwenden sind. Dieser Punkt wird sicherlich noch zu Diskussionen führen.
Aber auch Substanzen, für die zu wenige Informationen bzgl. ihrer Reproduktions-/Entwicklungstoxizität vorliegen, werden kritisch gesehen. Für den Fall, dass hier zu wenig Daten die Existenz eines Schwellenwerts belegen können, wird die Herstellung in dedizierten Anlagen vorgegeben. Dies betrifft vor allem die Herstellung klinischer Prüfmuster betreffen, wo dieses Vorgehen aber eigentlich schon Usus ist.
Insgesamt dürfte die neue Guideline mit ihrem wissenschaftlich und risikobasierten Ansatz aber große Zustimmung in der pharmazeutischen Industrie finden. In der Praxis der Reinigungsvalidierung wird die neue Art der Grenzwertberechung in den vielen Fällen zu weniger strengen Grenzwerten führen, verglichen mit der bislang etablierten 1/1000 Dosis bzw. 10 ppm Methode. Lediglich in den Fällen, in denen der kritische Effekt nicht der pharmazeutisch gewünschte Effekt ist, können drastisch schärfere Grenzwerte die Folge sein.
Die Kommentierungsphase endet am 30. Juni 2013.
Näheres finden Sie im Entwurf der "Guideline on setting health based exposure limits for use in risk identification in the manufacture of different medicinal products in shared facilities" der EMA.