Neue Richtlinien zu Blut, Blutprodukten und Plasma
In Zusammenarbeit der Bundesärztekammer (BÄK) und des Paul-Ehrlich Instituts (PEI) wurde zum einen die bestehende Richtlinie Hämotherapie zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten nach neuestem gesetzlichen, politischen und wissenschaftlichen Stand angepasst. Zum anderen haben BÄK und PEI die "Richtlinie zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten" erneuert. Neben mehreren Anpassungen musste nach dem neuen UPD-Reformgesetz (Stiftung Unabhängige Patientenberatung Deutschland) eine kurzfristige Aktualisierung erfolgen.
Richtlinie zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten
Die größte - auch politisch relevante - Anpassung dabei war die Änderung der seit Mai 2023 geltenden Regelungen zur Bewertung des individuellen Sexualverhaltens. Die sexuelle Orientierung, Geschlechtsidentität der spenderwilligen Person und die SexualpartnerInnen sind nicht mehr relevant. Spenden sollen zukünftig zurückgewiesen werden, wenn innerhalb der letzten vier Monate ein risikobehaftetes Sexualverhalten aufgewiesen wurde. Dazu gehören die folgenden Punkte:
- Sexualverkehr mit insgesamt mehr als zwei Personen,
- Sexualverkehr mit einer neuen Person, wenn dabei Analverkehr praktiziert wurde,
- Sexarbeit und deren Inanspruchnahme,
- Sexualverkehr mit einer Person, die mit Hepatitis B, Hepatitis C oder HIV infiziert ist oder die in einem Endemiegebiet/Hochprävalenzland für diese Viren lebt beziehungsweise von dort eingereist ist.
Hämotherapie
Des Weiteren wurden Anpassungen in der neuen Richtlinie Hämotherapie vorgenommen und ergänzt:
- Herstellung von Hyperimmunplasma auf Grundlage von § 12a TFG (Transfusionsgesetz) nach neuem wissenschaftlichem und technischem Stand und damit die Feststellung zur Spenderimmunisierung unter Berücksichtigung von § 8 TFG
- Einsatz von telemedizinischem Verfahren
- Änderung zur Höchstaltersgrenze bei Spendewilligen
Die neue Richtlinie trägt dazu bei, dass PatientInnen zielgerichtet, effektiv und mit sicheren Blutprodukten versorgt werden und der Blutspendende durch seine Spende nicht zu Schaden kommt. Falls Sie die weiteren Änderungen bzw. die vollständige Richtlinie zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Richtlinie Hämotherapie) lesen wollen, kommen Sie hier zur Gesamtnovelle.
SoHO (Verordnung über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Stoffe menschlichen Ursprungs)
Die bestehenden Richtlinien über Blut, Gewebe und Zellen wurden als Reaktion auf die Übertragung übertragbarer Krankheiten in den 1980er und 1990er Jahren verabschiedet. Ihre jüngste Bewertung hat gezeigt, dass Patienten, Spender und Kinder, die aus gespendeten Eizellen, Spermien oder Embryonen geboren wurden, nicht vollständig vor vermeidbaren Risiken geschützt sind, da der derzeitige Rahmen nicht mit der wissenschaftlichen Entwicklung Schritt hält. Außerdem haben die Mitgliedstaaten unterschiedliche Aufsichtssysteme angewandt. Dies hat den grenzüberschreitenden Austausch von Blut, Geweben und Zellen behindert und Innovation in diesem Bereich eingeschränkt.
Im Juli 2022 hat die Europäische Kommission den Vorschlag für eine Verordnung über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Stoffe menschlichen Ursprungs, die zur Anwendung beim Menschen bestimmt sind erstellt. Mit der Aufhebung der Blutrichtlinie (2002/98/EG) und der Richtlinie über Gewebe und Zellen (2004/23/EG) schließt die Verordnung die Überarbeitung des Rechtsrahmens für Blut, Gewebe und Zellen im Lichte neuer wissenschaftlicher, technischer und gesellschaftlicher Entwicklungen. Die Verordnung erweitert sogar den Anwendungsbereich der SoHO auf die menschliche Muttermilch und die Mikrobiota des Darms. Sie zielt darauf ab, die Spendersicherheit, die Patientensicherheit, die Versorgungssicherheit und die Entwicklung innovativer medizinischer Verfahren in Europa vorrangig zu behandeln und zu gewährleisten. Das Spektrum deckt dabei die folgenden Tätigkeiten ab: Von der Registrierung und Prüfung von Spendern, der Sammlung und Verarbeitung bis hin zur Anwendung beim Menschen und der Überwachung der klinischen Ergebnisse von Substanzen menschlichen Ursprungs. Außerdem sollen die EU-Rechtsvorschriften zukunftssicher gemacht werden, indem andere SoHO, die in Zukunft auf den Menschen angewandt werden könnten, abgedeckt und künftige Aktualisierungen flexibler gestaltet werden.
Nach der Sitzung des Ausschusses der Vertreter vom 30. Januar 2024, in der der endgültige Kompromisstext im Hinblick auf eine Einigung gebilligt wurde, wurden die Delegationen davon unterrichtet, dass der Vorsitz das Schreiben mit seiner Anlage an den Vorsitz des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments übermittelt hat. Die Verordnung wird nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft treten. Lesen Sie bei Interesse die vollständige Verordnung.