Neues AMG nun im Bundesanzeiger veröffentlicht

Am 25. Oktober wurde im Bundesanzeiger (Teil I Nr. 50, Seite 2192 ff) das Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften veröffentlicht. Dieses beinhaltet auch das neue AMG, die sogenannte 16. AMG-Novelle. Wie bereits berichtet, hat der Gesundheitsausschuss des Bundesrates bereits am 5. September 2012 über das Gesetz beraten und empfohlen, dem Gesetz zuzustimmen. Der Bundesrat hat dann in seiner Sitzung vom 21. September 2012 das Gesetz behandelt und diesem zugestimmt. Nun wurde es im Bundesanzeiger* veröffentlicht und dadurch in die Gesetzgebung implementiert.  
 
Was hat sich nun geändert?
 
Kernziele der Änderungen im Arzneimittelgesetz sind die Stärkung der Arzneimittelsicherheit im Rahmen der Pharmakovigilanz und der Schutz vor dem Eindringen von gefälschten Arzneimitteln. Anlass sind Neuregelungen im europäischen Recht (wir berichteten).
 
Wie bei jeder Änderung wurden einige Begriffsbestimmungen hinzugefügt, geändert oder ergänzt. Neu definiert wurden u.a. etliche Begriffe im Zusammenhang mit Fälschungen und aus dem Bereich Pharmakovigilanz. Hier wurde z.B. der Begriff Nebenwirkungen neu definiert. Durch die erweiterte Definition ergaben sich auch Änderungen in §11 (Packungsbeilage) und §11a (Fachinformation).
 
Neben Klarstellungen und Umgliederungen zum Zwecke der besseren Verständlichkeit ergaben sich v.a. durch die Umsetzung der EU-Richtlinien einige wichtige Änderungen:
 
Für bestimmte Arzneimittel sind Sicherheitsmerkmale auf den äußeren Umhüllungen vorgesehen und Vorrichtungen zum Erkennen einer möglichen Manipulation der äußeren Umhüllung (§10 "Kennzeichnung"). Nähere Einzelheiten dazu werden noch in delegierten Rechtsakten der EU festgelegt, auf die auch das AMG in §10 (1c) verweist.
 
Gemäß Artikel 54a der Richtlinie sind derzeit diese Sicherheitsmerkmale für alle verschreibungspflichtigen Humanarzneimittel vorgesehen. Eine nicht zu unterschätzende Herausforderung hierbei wird sein, dass die Verschreibungspflicht innerhalb der EU nicht harmonisiert ist. Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel müssen diese Merkmale nur tragen, wenn besondere Fälschungsrisiken bestehen.
 
Keine Zulassung mehr ohne Audit: einem Zulassungsantrag soll zukünftig eine Erklärung des Arzneimittelherstellers beigefügt werden, dass er die Einhaltung der GMP-Anforderungen der Wirkstoffe durch ein Audit überprüft hat. Dabei sind das Datum und das Ergebnis des jeweiligen Audits anzugeben (§22 Absatz 2, 8).
 
Die geforderten Importzertifikate sollen laut Richtlinie der EU bestätigen, dass die Wirkstoffherstellung mindestens den EU-GMP Regeln entspricht. Die Umsetzung im AMG scheint aber darüber hinauszugehen, indem die zusätzlichen Anforderungen (weiterhin) sowohl für Arzneimittel als auch für Wirkstoffe gelten sollen. Das heißt, beim Import von Arzneimitteln und Wirkstoffen soll zukünftig eine schriftliche Bestätigung der zuständigen Behörde des Exportlandes zu bestimmten Sachverhalten vorliegen:
 
§72a Zertifikate
(1) "Der Einführer darf Arzneimittel ... oder Wirkstoffe nur einführen, wenn
1. die zuständige Behörde des Herstellungslandes durch ein Zertifikat bestätigt hat, dass die Arzneimittel oder Wirkstoffe entsprechend anerkannten Grundregeln für die Herstellung  ... der Europäischen Union oder nach Standards, die diesen gleichwertig sind, hergestellt werden, die Herstellungsstätte regelmäßig überwacht wird, die Überwachung durch ausreichende Maßnahmen, einschließlich wiederholter und unangekündigter Inspektionen erfolgt und im Falle wesentlicher Abweichungen von den anerkannten Grundregeln die zuständige Behörde informiert wird."
 
Bisher war eine Orientierung an den Vorgaben der WHO ausreichend.
 
Außerdem soll es eine Liste von Ländern außerhalb EU bzw. EWG (sogenannte Drittländer) geben, aus denen Wirkstoffe ohne EU-GMP bzw. besagtes Import-Zertifikat eingeführt werden dürfen. Das heißt, von der Verpflichtung, schriftliche Bestätigungen auszustellen, kann ein Nicht EU-Land nur dann ausgenommen werden, wenn die EU- Kommission bestätigt hat, dass die GMP-Anforderungen und deren Überwachung in dem Land gleichwertig zu denen in der EU sind.
 
Hierzu hat der Bundesrat Bedenken geäußert. Die Bundesregierung wurde aufgefordert, sich bei der EU-Kommission für eine Verlängerung der in Art. 2 Abs. 2 a der Richtlinie 2011/62/EU genannten Übergangsfrist um ein Jahr zum Juli 2014 einzusetzen. Befürchtet wird, dass bestimmte Wirkstoffe aus Drittstaaten nicht mehr zur Verfügung stehen, weil eben diese Bestätigung der zuständigen Behörde des Exportlandes fehlen könnte.
 
Vorgesehene Änderungen AMG im Bereich Pharmakovigilanz
 
Der Zehnte Abschnitt des AMG wurde direkt umbenannt in "Pharmakovigilanz" und wurde grundlegend überarbeitet und um mehrere Paragraphen erweitert. Hierbei wurden die europäischen Vorgaben quasi vollständig umgesetzt, auf bisherige nationale Sonderregelungen wird weitgehend verzichtet. Der Zulassungsinhaber soll u.a. ein Risikomanagement-System für jedes einzelne Arzneimittel betreiben und sein Pharmakovigilanz-System angemessenen regelmäßigen Audits unterziehen. Dabei hat er die wichtigsten Ergebnisse in seiner Pharmakovigilanz-Stammdokumentation zu vermerken und sicherzustellen. Diese ist nur nach Aufforderung einzureichen, und nicht wie das bisher mit der DDPS war, mit jedem Zulassungsantrag.
 
Auch das Pharmakovigilanz-System der Bundesoberbehörde wird detailliert beschrieben. Erweitert wird die Auflagenbefugnis der Bundesoberbehörden in §28, aber auch die Bußgeldvorschriften in §97.
 
In Beipackzetteln sollen Patienten nun ausdrücklich aufgefordert werden, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung ihren Ärzten, Apothekern, Angehörigen von Gesundheitsberufen oder unmittelbar an die zuständige Bundesoberbehörde zu melden. Ähnliches gilt für die Fachinformation.
 
 Vorgesehene Änderungen der Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung (AMWHV)
 
Änderungen §3 "QM-System, GMP und Gute fachliche Praxis":
Hier wird nun eine angemessene gute Herstellungspraxis auch für Hilfsstoffe gefordert (hierzu von der Europäischen Kommission nach Artikel 47 Absatz 5 der Richtlinie 2001/83/EG erlassenen Leitlinien). Die Hersteller müssen nach §11 Absatz 2, 4 nicht zwingend auditiert werden, jedoch bedarf es einer formalisierten Risikobewertung durch den Arzneimittelhersteller, die auch die Einhaltung der GMP-Anforderungen und deren Herkunft und die beabsichtigte Verwendung sowie etwaige Kenntnisse über Vorkommnisse der Vergangenheit beinhaltet.
 
§11 "Selbstinspektion und Lieferantenqualifizierung":
Hier sollen neben der Verpflichtung zur Auditierung der Wirkstoffhersteller jetzt auch die Vertreiber und Importeure von Wirkstoffen auditiert werden (wenn es sich um Wirkstoffe zur Herstellung von Arzneimitteln, die zur Anwendung am Menschen bestimmt sind, handelt). Audits durch Dritte sind hierbei weiterhin möglich.
 
§ 13 "Herstellung" legt zusätzlich Regelungen für Sicherheitsmerkmale beim Umverpacker fest. Dieser muss sich von der Echtheit entsprechend gekennzeichneter Arzneimittel überzeugen und muss vorhandene Sicherheitsmerkmale beim Umpacken entsprechend ersetzen.
 
§19 "Beanstandungen und Rückruf" soll nun klar stellen, dass der Stufenplanbeauftragte jeden Verdacht einer Arzneimittel- oder Wirkstofffälschung unverzüglich der Behörde zu melden hat. Daneben ist auch der Zulassungsinhaber unverzüglich zu informieren.

Weitergehende Informationen finden Sie in der detaillierten Übersicht der Änderungen - "Zweites Gesetz
zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften".
 
Wolfgang Schmitt
CONCEPT HEIDELBERG
 
* Der Bundesanzeiger (BAnz) ist wie das Bundesgesetzblatt ein Amtsblatt und Verkündungs- und Bekanntmachungsorgan der deutschen Bundesbehörden. Herausgegeben wird es vom Bundesministerium der Justiz.
 
Quellen:

  • Juristisches Informationssystem für die Bundesrepublik Deutschland
  • Pressemitteilung des BMG vom 21.09.2012
  • Stellungnahme Bundesrat, Drucksache 91/12 (Beschluss) vom 30.03.12
  • Mitgliederrundschreiben BAH 14, 16

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