Neues USP Kapitel zur Visuellen Inspektion von Parenteralia?
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Im aktuellen Pharmaceutical Forum PF 47(3) wird in einem Stimuli-Artikel beschrieben, welche Schwachpunkte die aktuellen Vorgaben bei der Prüfung von Parenteralia auf Partikel aufweisen und wie in einem neuen USP-Kapitel damit umgegangen werden könnte.
Sterile, parenterale Arzneiformen müssen zu 100% visuell kontrolliert werden. Hierbei wird zum einen auf Fremdkörper/Partikel inspiziert, aber auch Defekte am ganzen Cotainer/Closure System können hier detektiert werden. Partikel sind hierbei einer der wesentlichen Gründe für Rückrufaktionen von sterilen Arzneimitteln wie für die Ausstellung von Warning Lettern durch die US FDA. Bezüglich den Anordnungen an die Prüfung geben die US, EU und Japanischen Arzneibücher in mehreren Kapiteln Aufschluss (USP 790, 1790 sowie EP 2.9.20, 5.17.2 und JP 6.08). Doch trotz der zahlreichen Arzneibuchkapitel gibt es Unsicherheiten auf Seiten der Industrie, Grauzonen und Unterschiede bei der Durchführung der Prüfungen bei verschieden Pharma-Firmen. Hier beschreibt der Stimuli-Artikel, was ein neues USP-Kapitel leisten könnte.
Die genannten Arzneibuchkapitel beschreiben die Prüfung auf sichtbare Partikel. Die Prüfung ist ein probabalistischer Prozess. Die Wahrscheinlichkeit für die Detektion eines Partikels hängt u.a. von seiner Größe ab. Das untere Limit, ab wann ein Partikel zu den sichtbaren Partikeln gehört, geben die Arzneibücher nicht vor. Das führ zu unterschiedlichen Grenzen bei verschiedenen Pharma-Firmen. Kleiner als die ‚sichtbaren Partikel' sind die sogenannten ‚nicht-sichtbaren Partikel'. Für diese gibt es eigene Arzneibuchkapitel, Spezifikationen und Prüfmethoden, die im Labor mit einer Obergrenze von ca. 100 µm durchgeführt werden. Das führt laut Artikel zu einem Graubereich zwischen diesen Partikelarten von 50-150 µm, in welchem Partikel nicht verlässlich detektiert werden.
Weiteren Einfluss auf die Detektionswahrscheinlichkeit nehmen die Art des Partikels (Form, Größe, Material, Brechungsindex) und der Mensch und seine Ermüdung während der Durchführung der visuellen Kontrollen. Auch die Definition, was ein sichtbarer Partikel ist, variiert von Firma zu Firma.
Die ursprünglichen Arzneibuchmethoden der visuellen Kontrolle wurden für "kleine" (chemisch hergestellte) Moleküle entwickelt. Inzwischen spielen die Biotherapeutika (wie Antkörper) eine viel größere Rolle und mit Ihnen auch die sogenannten intrinsischen Partikel. Gemeint sind damit Partikel, die aus dem Arzneimittel selbst bestehen und z.B. durch Aggregation von Proteinen entstehen. Teilweise ist die Bildung dieser Partikel reversibel. Das Risiko, das für den Patienten von diesen Partikeln ausgeht, ist ein anderes als von extrinsischen Partikeln, also Partikeln die von extern in den Herstellprozess geraten sind (wie z.B. Insektenteile). Auf diese Problematik gehen die derzeitigen Arzneibuchkapitel zu wenig ein.
Neues Kapitel mit allgemeiner Definiton für "sichtbare Partikel"
Ein neues Arzneibuchkapitel sollte also eine allgemeine Definition enthalten, was ein sichtbarer Partikel ist - inklusive einer unteren Größenangabe. Ebenfalls sollte ein einheitlicher Ansatz für die Risikobewertung von Partikeln beschrieben werden. In diesem Sinne ist auch ein kommerziell erhältliches Standard-Test-Set aus extrinsischen und intrinsischen Partikeln wünschenswert, welches für das Training von Mitarbeitern der manuellen visuellen Kontrolle eingesetzt werden könnte. Gerade für intrinsische, also z.B. aus Proteinen bestehenden Partikel, ist dies natürlich äußerst schwierig. Das NIST arbeitet seit mehreren Jahren daran, einen Standard zu entwickeln, welcher Proteinpartikel simuliert. Produktspezifische Defekte oder Partikel können hier natürlich nicht enthalten sein.
Das Training sollte mittels des neuen Kapitels vereinheitlicht werden, u.a. durch den Einsatz des beschriebenen Standard-Test-Sets. Ebenfalls soll beschrieben werden, wie die Mindestanforderungen an die erstmalige Zulassung eines menschlichen Prüfers aussehen sollten und wie häufig ein menschlicher Prüfer requalifiziert werden sollte.
Auch die Spezifikationen könnten angepasst werden. Der Artikel schlägt Spezifikationen vor, die die Art des Partikels und die Phase im Lebenszyklus eines Arzneimittels (Entwicklungs- oder Marktprodukt) berücksichtigen.
Der Artikel geht stark auf die manuelle visuelle Kontrolle ein, v.a. was das Training angeht. Die Festlegung einer Mindestgröße eines Partikels hätte natürlich auch Auswirkungen auf die automatische visuelle Inspektion (AVI). In jedem Fall ist eine hilfreiche, weitere Konkretisierung der Arzneibuchmethoden wünschenswert. Vielleicht wäre aber eine Überarbeitung der bisherigen USP-Kapitel zur Visuellen Inspektion noch hilfreicher als ein zusätzliches Kapitel. Somit wäre in jedem Fall ausgeschlossen, dass sich Kapitel inhaltlich widersprechen.
Ebenfalls Hilfestellung leistet der Good Practice Guide, der von der ECA Visual Inspection Group erarbeitet wurde. Der Guide "Visual Inspection of medicinal products for parenteral use" ist nach Registrierung kostenlos verfügbar.