Rechtfertigt eine Fehlerrate von 0,011% einen Warning Letter?

In einem aktuellen Warning Letter der US FDA entkräftet die FDA das Argument eines Arzneimittelherstellers, dass eine Fehlerrate von 0,011% keine weiteren Maßnahmen auslöst. Wie argumentiert die FDA hier?

Warning Letter können die Folge einer FDA-Inspektion sein. Sie sind grundsätzlich frei verfügbar im Internet auf der FDA-Webseite einsehbar. Ein aktueller Warning Letter ging an einen indischen Hersteller, nachdem dieser auf die im 483er-Formblatt aufgeführten Mängel unzureichend geantwortet hatte.

Kritik der FDA

Kritisiert wurden signifikante Verstöße gegen die GMP-Regeln für Fertigarzneimittel (21 CFR 210/211). Die FDA verwendet in diesem Fall den Begriff "adulterated" bzgl den Produkten des Herstellers Cispla. Ferner kritisierte die FDA noch einen fehlende Field Alert Report.

Unter anderem wurde mit Hinweis auf 21 CFR 211.192 ("discrepancies") unzureichende CAPA-Maßnahmen kritisiert. Einmal der zeitliche Verlauf der CAPA-Maßnahmen, zum anderen auch die Untersuchung von anderen potentiell betroffenen Chargen. Die Firma erhielt in 2,5 Jahren ungefähr 3000 Mängel bzgl. eines Inhalationsproduktes. Ungefähr 91% dieser Mängel wurden klassifiziert als "no spray" oder leer/wenig Inhalt. Viele dieser Mängelmeldungen blieben sehr lange offen, bis zu 314 Tagen. Ursächlich benannt wurden u.a. Partikel vom Inhaler, die den Austritt blockierten und "Container-closure"-Defekte. Während im Laufe der Untersuchung der Mangel als "kritisch" eingestuft wurde, enthielt der Abschlussbericht allerdings die Einteilung in "nicht-kritisch". Ein Field Alert Report unterblieb deswegen.

Das Argument von Cispla, im Antwortschreiben auf den 483er, dass die Mängel nur 0,011% aller ausgelieferten Produkte betrafen, entkräftete die FDA damit, dass sie auf weitere 2000 Mängelmeldungen hinwies, die erst jüngst mit den gleichen Auffälligkeiten eingingen. Zudem verwies die FDA darauf, dass ein Verhältnis von mangelhafter Ware zu der gesamten vertriebenen Ware kein Produktqualitätsindikator sei. Die Anzahl der Mängel und die Art zeigen einen kritischen Mangel an, der Patienten fundamental an der Nutzung des Produktes hindert.

Deshalb verlangte die FDA im Warning Letter u. a. eine Bewertung des Systems zur Betrachtung von Abweichungen, Mängeln, OOS-Ergebnissen und Fehlern. Gleiches soll für das CAPA-System bei der FDA eingereicht werden. Insbesondere sollen hinsichtlich des CAPA-Systems betrachtet werden:

  • "Root Cause Analyses"
  • CAPA-Effektivität
  • Analysen von Trends bei Untersuchungen
  • Verbesserungen aus dem CAPA-System kommend
  • Einbindung der Qualitätseinheit
  • Unterstützung des Programms durch das obere Management

Ferner fordert die FDA noch einen unabhängigen, retrospektiven Review aller Mängel und die damit verbundenen Untersuchungen in dem Zeitraum, in dem die Mängel eingingen.

Fazit: Die reine Berechnung einer Fehlerrate ist kein Produktqualitäts-Indikator für die FDA. Die Mängel müssen auch auf ihre Anzahl und Patienten-Relevanz hin betrachtet werden. 

Sie finden den gesamten Warning Letter an Cispla, u. a. noch mit Mängeln zu Media Fills, Umgebungsmonitoring und zur Datenintegrität  auf der FDA-Webseite.

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