Revision des EU GMP Annex 15 veröffentlicht - Gültig ab 1. Oktober 2015

Im Februar 2014 wurde der Entwurf zur Revision des Annex 15 (s. GMP-News vom 10. Februar 2014: Revision des EU GMP Annex 15 zu Qualifizierung und Validierung veröffentlicht ). Die Änderungen zum aktuell gültigen Annex 15 waren doch teilweise erheblich (s. GMP-News vom 24. Februar 2014 Ausführliche Analyse zum Entwurf des neuen Annex 15 . Nun wurde der Entwurf als finales Dokument veröffentlicht und wird zum 1. Oktober 2015 gültig.

Was wird sich ändern?

Nachfolgend lesen Sie einen Überblick über die Änderungen.

Mit 16 Seiten ist das finale Dokument deutlich umfangreicher als die aktuelle Version. Schon in der Einführung wird darauf hingewiesen, dass der Annex 15 auch als optionale Leitlinie für die Wirkstoff-Industrie genutzt werden könnte ("may"). Dabei sollen jedoch keine zusätzlichen Anforderungen dadurch eingeführt werden.

Im Mittelpunkt des neuen Annex 15 stehen Lebenszyklen, sei es auf das Produkt oder den Prozess bezogen, sei es auf Geräte und die Validierung selbst bezogen. Sehr viel mehr Wert wird auf Risikomanagement gelegt, das nun an verschiedenen Stellen in der Leitlinie Erwähnung findet und nicht nur einmal als Risikobetrachtung aufgeführt ist - wie im aktuellen Annex 15.

Ausdrücklich ausgeschlossen ist nun eine retrospektive Validierung.

Erweitert wurden die Inhalte des Validierungsmasterplans (VMP). So soll zukünftig auch das Abweichungsmanagement im VMP beschrieben werden, wie auch die Vorgaben zur Ermittlung von Akzeptanzkriterien und die Organisationsstruktur.  Im Vergleich zum Entwurf wurde die Nennung einer  "ongoing validation strategy" gestrichen. Im Vergleich zum Entwurf ist auch die Forderung nach einer Benennung von Ressourcen entfallen.

Die Kombination von Qualifizierungsdokumenten (z. B. IQ und OQ) wird als Möglichkeit explizit erwähnt. Erfreulich ist außerdem, dass die Einbindung von Herstellerdokumenten wird. Ebenso erfreulich ist die Möglichkeit von vorläufigen ("conditional") Freigaben im Bereich Qualifizierung.

Neu ist die Forderung nach Nutzeranforderungen u/o. funktionalen Spezifikationen als Ausgangspunkt einer Qualifizierung. Die DQ ist nun der zweite Schritt in der Qualifizierung. Ebenfalls neu sind die Werksabnahme (Factory Acceptance Test, FAT) und die Inbetriebnahme (Site Acceptance Test, SAT) im finalen Dokument. Für Gerätschaften, insbesondere mit neuer oder komplexer Technologie, könnte ("may") ein  FAT ggf. durchgeführt werden. Das ist eine deutliche Entschärfung im Vergleich zum Entwurf, in dem noch ein FAT als "should" gefordert wurde. Wenn geeignet und bewertet,  können Tests und Dokumentationsüberprüfungen im Rahmen des FAT oder bei andern Schritten übernommen werden, ohne dass diese nochmals in der IQ/OQ wiederholt werden müssen. Eine hilfreiche Festlegung.

Auch bei der PQ wird nun explizit die Möglichkeit erwähnt, diese (in bestimmten Fällen) zusammen mit der OQ oder Prozessvalidierung zu kombinieren. Im Vergleich zum Entwurf neu hinzugekommen - und schon derzeit gefordert - sind IQ, OQ und PQ als "should"-Forderungen.  

Neu ist das Kapitel "Requalifizierung". Leider gänzlich entfallen ist das Unter-Kapitel zur Altanlagenqualifzierung.

Prozessvalidierung

Die Möglichkeiten einer Prozessvalidierung haben sich deutlich erweitert. Der bisherige "traditionelle" Ansatz ist aber weiterhin als Möglichkeit erwähnt, auch mit der Nennung von 3 Validierungschargen. Bei einer 3-Chargen-Validierung könnten ("may") allerdings im Sinne einer "ongoing process verification" weitere Daten von den Folgechargen notwendig sein. Neu hinzu gekommen ist die Möglichkeit einer "continuous process verfification" wie  in ICH Q8 beschrieben und ein Hybrid-Ansatz als Mischung aus den beiden vorher genannten Ansätzen. Hier haben wir einen deutlichen Unterschied zu der USA-FDA Process Validation Guidance, wo nur ein Ansatz genannt wird. Schön ist, dass nun auch ein "Bracketing"-Ansatz hinsichtlich Anzahl der Läufe, Stärke, Chargengröße, Verpackungsgrößen und -arten genutzt werden kann. Das kennen wir so schon aus den USA.

Im Rahmen der "ongoing process verification" sollte die die Produktqualität während des Produktlebenszyklus gemonitort werden, um zeigen zu können, dass der "state of control" eingehalten wird und Trends bewertet werden. Das kennen wir als "Continued Process Verification" so auch aus den USA. Die "ongoing process verification" sollte auf einem Plan oder - neu im Vergleich zum Entwurf - äquivalenten Dokumenten basieren und berichtet werden. Gänzlich entfallen ist das Thema einer (regelmäßigen) Revalidierung.

Neue Kapitel sind Transportverifizierung, Verpackungsvalidierung und Qualifizierung von Hilfssystemen und ein eigenes Kapitel zur Validierung analytischer Methoden (allerdings wenig konkret). Im Vergleich zum Entwurf ist nun ausdrücklich auch die Qualifizierung von Geräten zur Sekundärverpackung gefordert.

 Kapitel Reinigungsvalidierung

Deutliche Änderungen enthält das Kapitel Reinigungsvalidierung. Es hat sich von der Anzahl der Unterpunkte auch mehr als verdoppelt. Erfreulicherweise ist nun eine Gruppierung von Anlagen als Möglichkeit aufgeführt, wenn diese Gruppierung entsprechend begründet ist. Das Akzeptanzkriterium "sichtbar sauber" als alleiniges Akzeptanzkriterium wird als nicht akzeptabel bezeichnet.  Limite für die die Übertragbarkeit von Verunreinigungen sollte auf Basis einer toxikologischen Bewertung erfolgen. Eine Referenz zur EMA Leitlinie zu Shared Facilities ist genannt (s. GMP-News zu Shared und Dedicated Facilities: EMA veröffentlich finale Guideline zur Festlegung von gesundheitsbasierten Expositionsgrenzwerten (PDE)). Die bisher üblichen Akzeptanzkriterien 1/1000-Dosis oder 10 ppm sind nicht erwähnt.  Im Rahmen der Reinigungsvalidierung sollten "dirty und clean-hold times" festgelegt werden. Die Forderung aus dem Entwurf, dass beim Einsatz von Spülmethoden das letzte Spülwasser der Reinigung als Probe dienen sollte, ist entfallen. Wiederfindungsraten sollten bestimmt werden. Interessanterweise soll die Anzahl der Validierungsläufe risikobasiert bestimmt werden. Bei der Fertigung von z. B. klinischen Prüfmustern könnte eine Reinigungsverifizierung eine Reinigungsvalidierung ersetzen.   

Beim Kapitel Change Control soll zukünftig eine Effizienzkontrolle der Implementierung der Änderung folgen. Das ist eine Angleichung an Kapitel 1, Teil I EU GMP Leitfaden.  

Im Glossar sind viele Begriffe neu aufgenommen worden.

Fazit

Die Revision ist sehr umfangreich. Einflüsse der ICH-Leitlinien ICH Q8, 9 und 10 sind deutlich zu sehen. Das Dokument ist dadurch moderner und wurde im vielen an den Stand von Wissenschaft und Technik angepasst. Die Adressierung an die Wirkstoffhersteller irritiert etwas. Obwohl der neue Annex 15 deutliche Änderungen enthält, soll er keine neue Anforderungen im Wirkstoffbereich verursachen. Wie soll das gehen? Vergleichbar zu der FDA wird nun Prozessvalidierung auch als Lebenszyklus angesehen - obgleich der Zyklus nicht so klar, wie in der FDA Prozessvalidierungsleitlinie herausgearbeitet wird.

Der starke Fokus auf die Nutzeranforderungen im Qualifizierungsbereich wird auch den Anlagenbau betreffen. Schwieriger wird das Thema Prozessvalidierung zukünftig werden. Mit 3 möglichen Ansätzen gibt es hier auch deutliche Unterschiede zu den Amerikanern. Die Ongoing Process Verification bedeutet, vergleichbar in den USA, zukünftig mehr Aufwand.

Keine ganz neuen Themen im GMP-Umfeld sind die  Transportverifizierung, die Qualifizierung von Hilfssystemen sowie die Validierung der analytischen Methoden. Das Thema Verpackungsvalidierung war bisher nicht der Hauptfokus im GMP-Umfeld. Hier werden vermutlich die Anstrengungen bei manchen Unternehmen steigen.

Erhebliche Änderungen ergeben sich im Bereich der Reinigungsvalidierung. Vieles wurde - erfreulicherweise - an den Stand der Technik angepasst. Aber der strenge Fokus auf toxikologische Bewertungen als Akzeptanzkriterien wird bei Altprodukten wohl für Unsicherheiten sorgen. 

Alles in allem gibt es eine Fülle an neuen Anforderungen, die z.T. allerdings nur den Stand der Technik nun abbilden. Durch die (notwendige) Einbindung von ICH Q8-11 und des Lebenszyklus-Ansatzes wurde der Annex zwar "ganzheitlicher", aber auch leider schwammiger. Eine noch engere Abstimmung mit der FDA Leitlinie zur Prozessvalidierung wäre wünschenswert gewesen. 

Weitere Details finden Sie direkt im neuen EU GMP Annex 15.
 

Zurück zur Newsübersicht

Kontakt

Kontaktieren Sie uns

Haben Sie Fragen?

Concept Heidelberg GmbH
Rischerstraße 8
69123 Heidelberg

Tel. :+49622184440
Fax : +49 6221 84 44 84
E-Mail: info@concept-heidelberg.de

zum Kontaktformular

NEWSLETTER

Bleiben Sie informiert mit dem GMP Newsletter von Concept Heidelberg!

GMP Newsletter

Concept Heidelberg bietet verschieden GMP Newsletter die Sie auf Ihren Bedarf hin zusammenstellen können.

Hier können Sie sich kostenfrei registrieren.