Sachkundige Person: Verantwortlich auch für die Vetriebsaktivitäten?

"Die Gesamtverantwortung für die Leistungsfähigkeit eines zugelassenen Arzneimittels über seine Lebensdauer, seine Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit liegt beim Zulassungsinhaber (Marketing Authorization Holder - MAH). Aber "die QP ist dafür verantwortlich, dass jede einzelne Charge in Übereinstimmung mit geltendem Recht des Mitgliedsstaates, in dem die Zertifizierung stattfindet, hergestellt und geprüft wurde, gemäß den Anforderungen für die Zulassung (MA) und der Guten Herstellungspraxis (GMP)". So steht es im Anhang 16 des EU-GMP Leitfadens ("Certification by a Qualified Person and Batch Release"). Ausführlich beschreibt Teil 1.7. des Anhangs auch weitere QP-Verantwortlichkeiten und -Aktivitäten, die an das Schlüsselpersonal delegiert werden können - und wie die QP sich auf diese Aktivitäten und auf das pharmazeutische Qualitätssystem verlassen kann.

Jedoch ist es manchmal nicht klar, wo die Aufgaben und Verantwortlichkeiten der QP enden und wo nicht. Es gibt keinen glatten Schnitt. Deutlich wurde das auch während eines sehr interessanten Vortrags anlässlich des letzten QP Forums, das von der European QP Association am 1./2. Dezember 2016 in Madrid organisiert wurde. Die QP sollte eine klare Vorstellung von dem haben, was an Informationen und Engagement erforderlich ist, um dem Job zu erfüllen. Das bedeutet aber nicht, dass die QP für alles verantwortlich ist.

In seiner Rede "Detection of Falsified Medicines and how the QP can support this" untersuchte Paul Hargreaves von der U.K. Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency (MHRA) einige Punkte und Fakten, die eine QP kennen sollte, wenn es um Arzneimittelfälschungen geht. Seine Präsentation fing mit einer provokanten Frage an. Wenn die QP sieht, dass die Vertriebsabteilung mehrere Großaufträge feiert, "Was machen Sie? Feiern Sie mit? Oder starten Sie eine Untersuchung?" Vielleicht findet die QP heraus, dass die Exporte in Länder ohne wirksame Arzneimittelüberwachung gehen. Und die Handelsbedingungen sind "ab Werk". Sollte sich die QP jetzt ein paar Sorgen machen?" Laut Paul Hargreaves lautet die Antwort ja. Aber sollte sich die QP wirklich über die Länder Sorgen machen, in die die Ware geliefert wird? Die QP hat die Charge zertifiziert und alles war konform. Also wozu die Sorgen? Paul Hargreaves hat ausdrücklich betont, dass es bei der Untersuchung gefälschter Arzneimittel besorgniserregend ist, dass manche QPs keine detaillierten Kenntnisse über ihre eigene Import-  und/oder Export-Lieferkette haben." Er stellte einige Informationen über die Lieferkette vor, die eine QP kennen und verstehen sollte, da die QP ein wichtiger Teil dieser Lieferkette ist. "Die Transport-, Versand-, Handel- und Zolldokumentation kann sowohl den Beweis über die Strafbestände erbringen als auch die meisten an der Fälschung beteiligten Hauptfiguren identifizieren", sagt er.

Hier sind einige Beispiele von den Geschäftsbedingungen und Dokumenten, die eine QP kennen sollte:

Incoterms: Die Incoterms-Regeln sind eine Reihe vordefinierter und vom International Chamber of Commerce (ICC) herausgegebenen Handelsbedingungen. Sie sind in internationalen Geschäftstransaktionen oder Beschaffungsabläufen - inkl. Arzneimitteln und Hilfsstoffen - weit verbreitet. 11 Klauseln legen die Aufgaben, Kosten, und Risiken fest, die mit dem Transport und der Lieferung von Waren verbunden sind.

CMR (Convention on the Contract for the International Carriage of Goods by Road aka International Consignment Note): Die CMR liefert für gewöhnlich Informationen über die Mitgliedsstaaten (MS - Member State), in die die Arzneimittel geliefert wurden. Diese Informationen befinden sich meistens im Lagerbüro.

SAD (Single Administrative Document) C88 und C99: Das C88 enthält interessante Informationen, die möglicherweise die wahre Herkunft von Arzneimittel(fälschungen) liefern können (dank der Angabe über das Herkunftsland der Arzneimittel und die Transitländer).

EORI-Nummer (Economic Operator Registration and Identification Scheme): Jeder in der EU angesiedelte Wirtschaftsbeteiligte muss eine EORI-Nummer haben. Wirtschaftsbeteiligten außerhalb der EU muss eine EORI-Nummer zugewiesen werden, wenn sie eine Zollanmeldung, eine summarische Ein- oder Ausgangsanmeldung einreichen. Diese Nummer wird grundsätzlich für die Nachverfolgung der Importe und Exporte innerhalb der EU benutzt.

Als Abschluss dieser Rede kann man sagen, dass die QP diese Geschäftsbedingungen kennen und verstehen sollte. Diese - und viele andere Informationsquellen - bedingen, dass die QPs mindestens Grundkenntnisse der gesamten Lieferkette haben, um ihre gesetzlichen Pflichten für die Chargenfreigabe und den Product Quality Review auszuüben. Und QP zu sein war nie eine einfache Sache, oder? Die Zeiten, in denen die QP nur im Büro gesessen ist, um Chargenprotokolle zu prüfen und Dokumentationen zu unterschreiben sind vorbei; eine rechtzeitige Kommunikation mit den Beteiligten ist unerlässlich.

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