Shared und Dedicated Facilities: EMA veröffentlich finale Guideline zur Festlegung von gesundheitsbasierten Expositionsgrenzwerten (PDE)

Die EMA hat nun die heiß erwartete finale Version der Guideline veröffentlicht, die die Festlegung der Expositionsgrenzen von Produkten festlegt, die in sogenannten Shared Facilities (multipurpose) hergestellt werden. Gemeint ist hier, wieviel von einem Produkt in einem anderen Produkt enthalten sein darf (cross contamination), ohne Patienten gesundheitlich zu gefährden. Die vorherige Draft Guideline wurde im Januar 2013 veröffentlicht (wir berichteten). 

Eine ganz wesentliche Änderung ist die mehrfach im Dokument genannte Möglichkeit, vom beschriebenen Vorgehen zur Festlegung der Grenzwerte abzuweichen, wenn es ausreichend begründet werden kann. Auch die Anwendung in der Wirkstoffproduktion ist nun als optional aufgeführt, d.h. die Grundprinzipien der Guideline können dort angewendet werden, wenn es erforderlich ist.

An der grundlegenden Berechnung der Grenzwerte (PDE = Permitted Daily Exposure) hat sich, wie zu erwarten, nichts geändert. Allerdings ist der in die Formel eingehende No-Effect Level nun der NOAEL = no-observed-adverse-effect-level (bisher NOEL). Dies könnte zu Diskussionen führen, was nun ‚adverse' ist und was nicht.

Der Grenzwert für genotoxische Rückstände von Vorprodukten ist nun gleich hoch wie für genotoxische Verunreinigungen aus dem Herstellungsprozess selber: 1,5 mcgr (statt wie im Draft 0,15 mcgr/Tag).

Für Makromoleküle soll das PDE-Konzept gemäß Guideline nicht zutreffend sein, da man diese Moleküle chemisch oder thermisch deaktivieren kann. Die Betrachtung der Vollständigkeit einer Deaktivierung oder mögliche Abbauprodukte wird im vorliegenden Dokument nicht angesprochen.

Neu hinzugekommen sind Entwicklungsprodukte aus den Phasen I und II, für die noch wenig toxikologische bzw. pharmakologische Daten vorliegen und somit die PDE-Berechnung sehr schwierig ist. Hierzu werden wissenschaftliche Veröffentlichungen genannt, die alternative Verfahren beschreiben.

Etwas detaillierter beschrieben ist nun im neuen Kapitel 6, wie sich die Behörde die Ableitung der PDE-Werte inkl. der dazu notwendigen Korrekturfaktoren und Lead-Effekte vorstellt. Ausdrücklich wird auch eine Zusammenfassung dieser Ableitung für GMP-Inspektoren gefordert, die sich ja in der Praxis mit der Plausibilität dieser wissenschaftlichen Berichte und vor allem mit den z.B. für die Reinigungsvalidierung abgeleiteten Grenzwerten befassen müssen.

Neu ist ebenfalls die Übergangsregelung, die mehrstufig beschrieben ist. So ist die Übergangsfrist für Produkte, die neu bzw. erstmalig in shared facilities produziert werden sollen, 6 Monate nach Veröffentlichung der Guideline. Als Start der Gültigkeit der Guideline ist der 1. Juni 2015 genannt. Für bereits in Shared Facilities hergestellte Produkte gilt für Humanarzneimittel 1 Jahr und 2 Jahre für den Fall, dass ausschließlich Tierarzneimittel produziert werden.

Interessant bleibt die Frage, wie diese Guideline nun in der Praxis eingestuft wird, bzw. wie abweichende Ansätze zum in der Guideline beschriebenen Vorgehen bewertet werden. In den Entwürfen des Kapitels 5 des EU GMP-Leitfadens (Produktion) war die EMA Guideline und das Vorgehen mit Berechnung von PDEs noch explizit genannt. In der finalen Version fehlt dieser Verweis. Die EMA Guideline hingegen nimmt sehr wohl Bezug auf die Kapitel 3 und 5 des EU-Leitfadens und den dort geforderten wissenschaftlich und risikobasierten Ansatz, wie mit Produkten in Multipurpose Facilities umzugehen ist.  Im aktuellen Anhang 15 des EU-Leitfadens (Validierung & Qualifizierung) ist im Kapitel Reinigungsvalidierung der Verweis auf das EMA-Papier noch vorhanden. Es ist zwar in der endgültigen Version des Annex 15 noch mit Änderungen zu rechnen, letztendlich wird man aber auf die finale Version des Dokumentes warten müssen. Siehe auch: Reinigungsvalidierung Quo Vadis).

Die aktuelle Version der Guideline "Setting health based exposure limits" finden Sie auf der Seite der EMA.

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