Stability by Design - Leitlinien zur Bewertung und Überprüfung der physikalischen Stabilität
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11./12. Februar 2025
Entwicklung, Herstellung, Prüfung, Freigabe und Distribution
Das Physical Stability Joint Subcommittee des US-amerikanischen Arzneibuchs, USP, bestehend aus Mitgliedern der USP General Chapters Expert Committees for Physical Analysis, Dosage Forms, und Packaging and Distribution, hat einen Stimuli-Artikel über Leitlinien für die Bewertung und Überprüfung der physikalischen Stabilität von Ausgangsstoffen, Zwischen- und Fertigprodukten im Pharmacopeial Forum (PF) 44(6) [Nov-Dez 2018] veröffentlicht.
Die Autoren des Stimuli-Artikels definieren die physikalische Stabilität wie folgt: “Physical stability is the ability of a material to remain physically unchanged over time under stated or reasonably-expected conditions for manufacturing, storage and use”. (Üb. d. Red.:"Die physikalische Stabilität ist die Fähigkeit eines Materials, im Laufe der Zeit unter bestimmten oder voraussichtlich zu erwartenden Herstellungs-, Lagerungs- und Gebrauchsbedingungen physikalisch unverändert zu bleiben".)
Laut dem Artikel ist die physikalische Stabilität von Hilfsstoffen, Wirkstoffen und Zwischenprodukten derzeit in den Fokus gerückt, da aufgrund moderner Techniken physikalische Änderungen in diesen Materialien leichter erkannt werden. Darüber hinaus waren physikalische Änderungen der Grund für einige Produktrückrufe in letzter Zeit. Solche Rückrufe beinhalteten z.B. die Zurückziehung von Ritonavir-Kapseln aus dem US-amerikanischen Markt aufgrund der unerwarteten Bildung einer stabileren und weniger löslichen Kristallform von Ritonavir. Nach dem Artikel tragen mehrere der folgenden Faktoren zu diesem Trend bei:
- In der Vergangenheit war das Screening von Wirkstoffen (Drug Substances = DSs) auf Polymorphismus sowie die Fähigkeit, Salze/ Co-Kristalle und Hydrate/ Solvate ("Pseudo-Polymorphien") zu bilden, keine Routine. Demzufolge war das Risikobewusstsein physikalischer Umwandlungen, die während der Herstellung, Lagerung und Anwendung pharmazeutischer Darreichungsformen entstehen, begrenzt.
- In den letzten 10 Jahren ist die Verwendung amorpher DS und Zwischenprodukte deutlich angestiegen, was die Wahrscheinlichkeit physikalischer Instabilität aufgrund von einer möglichen Re-Kristallisation erhöht.
- Das Verständnis für mögliche physikalische Stabilitäts-Risiken, die mit der Entwicklung von Salzformen schwacher Basen einhergehen können, ist gewachsen.
Bestehende Leitlinien
Einige Regulierungsbehörden haben Leitlinien zur Verfügung gestellt, die die Bedeutung der physikalischen Stabilität in der pharmazeutischen Entwicklung und ihre Rolle in der Stabilität von Arzneimitteln während ihrer Haltbarkeit betonen. Eine physikalische Instabilität kann die Qualität, Sicherheit und die Wirksamkeit ("Bioperformance") des Arzneimittels und seinen gesamten Lebenszyklus beeinflussen. Die systematische Untersuchung inklusive Auswahl der geeigneten Arzneimittelformen und Wirkstoffzusammensetzung wird in der frühen Phase der Arzneimittelentwicklung empfohlen, um ein tiefes Verständnis des an der Instabilität beteiligten Prozesses zu schaffen.
Selbst kleinere Änderungen in den kritischen physikalischen Eigenschaften eines Hilfsstoffes, Wirkstoffes, Zwischenprodukts, oder Arzneimittels können im Laufe der Zeit die Haltbarkeit des Materials und jedes daraus hergestellten Produkts beeinflussen. Viele Gesundheitsbehörden haben demzufolge das Thema in Leitfäden diskutiert (z.B. ICH Q-Guidelines 1A, 1B, 6A, 8, 11; FDA, EMA und WHO Guidelines). Zusätzlich haben mehrere Arzneibücher die Prüfung und das Monitoring der physikalischen Stabilität in ihren Monographien und Kapiteln (z.B. USP, Ph.Eur., JP) aufgenommen.
Einige Behörden und Arzneibücher halten physikalische Eigenschaften für potentielle kritische Qualitätsattribute (critical quality attributes = CQAs) für Hilfsstoffe, Wirkstoffe, Arzneimittel und Zwischenprodukte in bestimmten Darreichungsformen. Infolgedessen muss zur erfolgreichen behördlichen Einreichung von Zulassungen Folgendes demonstriert werden:
- Die Herstellprozesse können Wirkstoffe und Arzneimittel in gleichbleibender physikalischer Qualität bei der Freigabe
- und während der Lagerung
sicherstellen.
Erarbeitung einer angemessenen Kontrollstrategie
Ein risikobasierter wissenschaftlicher Ansatz wird empfohlen, um die Produktqualität während der Entwicklung und Vermarktung zu garantieren. Strategien wie Quality by Design (QbD) können eingesetzt werden, um die Kompatibilität aller Materialien und Prozesse im gesamten Herstellungsprozess eines Fertigproduktes sicherzustellen. Das durch den QbD-Ansatz gewonnene tiefe Verständnis unterstützt die Identifizierung von Risiken und Schwachstellen, die mit der Arzneimittelherstellung, -lagerung, -anwendung verbunden sind. Es vereinfacht auch die Implementierung einer Kontrollstrategie. Das Verständnis trägt ebenfalls dazu bei, Entscheidungen bzgl. der Auswahl der Lagerbedingungen und geeigneter Verpackungsmaterialien sowie dem möglichen Bedarf an validierten Prüfmethoden zu treffen. Die Autoren heben hervor, dass in vielen Fällen detaillierte Entwicklungsstudien die Abschaffung von Routine-Tests bzw. die Anwendung vereinfachter "QK-Methoden" zur Sicherstellung der Qualität des kommerziellen Produkts unterstützen können.
Mehr Informationen finden Sie im Stimuli-Artikel zu "Guidelines For Assessing and Controlling the Physical Stability of Pharmaceutical Raw Materials, Intermediates, and Dosage Forms" auf der Pharmacopeial Forum Website. Die Autoren bitten um Stellungnahmen und Feedback von Interessengruppen in Bezug auf den Vorschlag zur Entwicklung eines informativen allgemeinen USP-Kapitels zur physikalischen Stabilität.