Trotz MRA: Warum inspiziert die FDA so häufig in der EU?

Hauptziel des 2019 etablierten MRA (Mutual Recognition Agreement) zwischen der EU und der FDA war es, die GMP-Inspektionssysteme gegenseitig anzuerkennen und die Anzahl der Inspektionen zu reduzieren. Dies heißt aber nicht, dass keinerlei gegenseitige Inspektionen mehr sattfinden. Dies liegt nicht nur an den ursprünglich im Dokument festgelegten Ausnahmen (Menschliches Blut, menschliches Plasma, menschliches Gewebe und menschliche Organe sowie immunologische Tierarzneimittel), sondern auch an einem gewissen Ermessensspielraum. So heißt es zum Beispiel in Kapitel 3 (Operative Aspekte), Artikel 8 (Anerkennung von Inspektionen), Absatz 2: "Unter besonderen Umständen kann es eine Vertragspartei ablehnen, ein von einer anerkannten Behörde der anderen Vertragspartei ausgestelltes amtliches GMP-Dokument für Herstellungsanlagen im Zuständigkeitsgebiet der ausstellenden Behörde zu akzeptieren." Beispiele hierfür sind:

  • Hinweise auf wesentliche Unstimmigkeiten oder Unzulänglichkeiten im Inspektionsbericht
  • Während des Inverkehrbringens festgestellte Qualitätsmängel
  • Konkrete Anhaltspunkte für ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Produktqualität oder der Verbrauchersicherheit

Im aktuellen EMA Questions & Answers Dokument (EMA/INS/GMP/369445/2024) heißt es, dass es (nur) erwartet wird, dass die FDA keine doppelten Inspektionen durchführt. Sowohl die EU als auch die FDA haben weiterhin "das Recht, jederzeit im Gebiet des anderen zu inspizieren".

Was ist mit den Pre-Approval Inspektionen (PAI)?

Das ist nicht ganz klar definiert. Inspektionen vor der Zulassung ("pre-approval inspections") sind weder eindeutig inkludiert noch ausgenommen. Laut Artikel 4 (Erfasste Produkte) gilt das Abkommen primär für "in Verkehr gebrachte humanpharmazeutische oder veterinärpharmazeutische Fertigprodukte" und gemäß Artikel 3 (Geltungsbereich) für "Inspektionen nach der Zulassung"; hier aber mit einer in Artikel 11 festgelegten Möglichkeit zur "Beantragung von Inspektionen vor der Zulassung".

Hier helfen die Frage- und Antworten-Dokumente und ein Arbeitsbericht weiter. Im entsprechenden Q&A Dokument der FDA heißt es hierzu:
"As of July 2019, both the FDA and European Union have been actively engaged in evaluating how best to implement the US-EU MRA for consideration of pre-approval inspections (PAIs). This evaluation is ongoing and in December 2019 both FDA and European Union agreed and have been engaged in jointly developing a PAI capability assessment workplan for mutual recognition of and reliance on each other's expertise for PAI coverage of manufacturing facilities (…). However, the work planned and under way is encountering unavoidable delays due to both increased regulator workload and restrictions on activities on both EU and FDA staff (…)." Und im Annual Report der Good Manufacturing and Distribution Practice Inspectors Working Group 2021 heißt es hierzu lapidar "Work on the inclusion of pre-approval inspections was put on-hold".

Seitdem ist hier nicht viel passiert.

Laut bereits oben erwähnten aktuellen Questions & Answers Dokument der EMA und der Europäischen Kommission "on the impact of Mutual Recognition Agreement (MRA) between the European Union and the United States" sind auch klinische Prüfpräparate (IMPs) nicht Teil des MRA.

Was heißt das in der konkreten Umsetzung?

Eine sehr gute Quelle bietet neben dem FDA Data Dashboard der Jahresbericht "State of Pharmaceutical Quality". Der Bericht gibt einen Überblick über wichtige Qualitätsdaten, Trends und Überwachungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Arzneimittelherstellung. So stieg die Zahl der von der FDA durchgeführten Arzneimittei-Inspektionen von 548 im Jahr 2022 auf 776 im Jahr 2023; dies ist die höchste Zahl von Inspektionen seit Beginn der COVID-19-Pandemie. Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der unter die MRAs fallenden Inspektionen von 144 im Jahr 2022 auf 187 im Jahr 2023.

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