Urteil: Verläßt ein Arzneimittel die legale Lieferkette ist es nicht mehr verkehrsfähig
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3/4 December 2024
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Seit der Einführung der neuen EU Good Distribution Practice Guideline (EU GDP Guideline) ist der Vertriebsweg und die Lagerung von Arzneimitteln streng geregelt. Die Revision im Jahre 2013 war im Wesentlichen durch die sogenannte EU Counterfeit Directive(Fälschungsrichtline) begründet. Es soll sichergestellt werden, dass keine gefälschten Arzneimittel in die legale Lieferkette gelangen. Auch die sogenannten Track&Trace Regelungen, mit der Notwendigkeit auf bestimmte Arzneimittel einen 2D Matrix Code aufzubringen, sind im Wesentlichen zur Abwehr von Arzneimittelfälschungen etabliert worden.
Nun hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) einen Fall entschieden, bei dem ein Arzneimittel zwar scheinbar die erforderliche Qualität hatte, aber kurzzeitig die legale Lieferkette verlassen hatte. Dabei hat das Gericht festgestellt, dass ein abstrakter Gefährdungstatbestand ausreichen kann, damit ein Arzneimittel von den zuständigen Überwachungsbehörden aus dem Verkehr genommen wird. Über das Urteil berichtet der Branchendienst Apotheke Adhoc. Laut Apotheke Ad hoc ging es im konkreten Fall um die Firma Orifarm: "Der Reimporteur aus Leverkusen hatte Arzneimittel aus Rumänien bezogen, die ursprünglich von Apotheken ohne erforderliche Großhandelserlaubnis zurück in die Lieferkette gebracht worden waren. Dies ist in Rumänien verboten. Aufgeflogen war der Fall, weil aus demselben Umfeld in drei Fällen äußerlich erkennbare Fälschungen von Arzneimitteln entdeckt worden waren."
Die Firma Orifarm nahm die Arzneimittel in Quarantäne, nachdem die zuständige Behörde in Rumänien einen Rückruf angeordnet hatte. Obwohl die Firm Orifarm die Ware nochmals prüfte, lehnte die Bezirksregierung in Köln die Freigabe für den Markt ab. Dabei begründete die Bezirksregierung die Verweigerung der Freigabe mit dem Hinweis, dass die Arzneimittel in Rumänien von Apotheken weiter gegeben wurden. Das Gericht stellt aber klar, dass Apotheken nicht die Anforderungen der Guten Vertriebspraxis (offizielle deutsche Bezeichnung für Good Distribution Practice) erfüllen. Dafür ist eine Großhandelserlaubnis erforderlich, welche wiederum nur dann erteilt wir, wenn die EU GDP Anforderungen im Rahmen eines internen QM Systems etabliert sind. Die Firma Orifarm konnte also nicht lückenlos nachweisen, dass die Arzneimittel nicht doch, z.B. durch unsachgemäße Lagerung in der Qualität gemindert sind. Da in der Lieferkette in der Vergangenheit bereits illegale Arzneimittel eingeschleust wurden, ist nach Ansicht des Gerichts nicht vollständig sichergestellt, dass die Arzneimittel die erforderliche Qualität aufweisen und Fälschungen oder Veränderungen zu 100% auszuschließen sind.
Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts betont die Bedeutung, die die EU GDP Guideline im Rahmen der Arzneimittelsicherheit. Eine Argumentation, wonach die Qualität doch stimme, auch wenn der legale Vertriebsweg nicht 100% eingehalten werden konnte, ist nicht möglich. Im GMP-Umfeld ist dies bereits seit vielen Jahren gelebte Praxis. Nur die Einhaltung aller notwendigen Maßnahmen, die der EU GMP Leitfaden vorgibt, stellt sicher, dass das Arzneimittel die erforderliche Qualität hat. Ein nicht GMP-konform hergestelltes Arzneimittel kann auch durch umfangreiche Freigabeprüfung den Mangel einer GMP-gerechten Herstellung nicht beseitigen. Dieser Grundsatz gilt auch für die GDP-gerechte Lagerung und Transport in der legalen Supply Chain.