WHO veröffentlicht Entwurf einer Dach-Leitlinie zur Prozessvalidierung

Ende 2015 hatte die WHO ihren Appendix 7, der Hilfestellung zur nicht-sterilen Prozessvalidierung gibt, an den Stand der Technik angepasst. Nun sind weitere Änderungen von WHO-Leitlinien in Sicht. Eine dieser Änderungen betrifft die Guideline on Process Validation, die derzeit als Entwurf vorliegt und bis zum 12. Juli 2016 kommentiert werden kann. Nachfolgend eine Analyse zu diesem Entwurf.

Der Entwurf umfasst 21 Seiten,  aufgeteilt in 13 Kapitel und einen Referenzteil.

Die Leitlinie dient quasi als Dachguideline und soll den Annex 4 der WHO Technical Report Serie, Nr. 937 von 2006 zukünftig ersetzen. Insofern wird im Entwurf auf andere Leitlinien Bezug genommen, die ebenfalls das Thema Validierung betreffen und als untergeordnete Leitlinien (Appendices) folglich ebenfalls angepasst werden sollen. Genannt sind:

Appendix 1 Validation of HVAC-Systems (derzeit schon als Überarbeitungsentwurf vorhanden)

Appendix 2 Validation of water systems for pharmaceutical use (wird ersetzt werden, durch eine Referenz auf die WHO Guidelines on  water for pharmaceutical use for consideration in qualification of water purification systems)

  • Appendix 3 Cleaning Validation
  • Appendix 4 Analytical method validation
  • Appendix 5 Validation of computerized systems
  • Appendix 6 Qualification of systems and equipment

In der Einführung wird Validierung als essentieller  Teil von GMP und GCP beschrieben. Validierung beinhaltet auch Qualifizierung und hat einen Lebenszyklus, der auch einen "ongoing review" mit Blick auf kontinuierliche Verbesserungen beinhaltet. Die Notwendigkeit, der Umfang und die Tiefe von Validierungsaktivitäten sollten auf Qualitätsrisikomanagement-Prinzipien basieren.

Als notwendige Ressourcen werden

  • Zeit
  • Geld
  • Personal (multidisziplinäres Team)

genannt. Soweit eine Zusammenfassung der Einleitung.

Unter dem Kapitel Ziel wird darauf hingewiesen, dass dieser Entwurf ein allumfassendes Validierungskonzept beschreibt und auf die Herstellung und Prüfung von  Ausgangsmaterialien und Fertigarzneimittel anwendbar sein könnte. Die im Dokument enthaltenen Qualifizierungsaspekte könnten ebenfalls auf Räumlichkeiten (premises), Ausrüstungen (equipment), Versorgungssysteme (utilities) und Systeme (systems)  angewendet werden.

Mit drei Seiten sehr umfangreich ist das Glossar ausgefallen. Interessanterweise wird auch "Commissioning" und Good Engineering Practice in diesem Kapitel definiert. Die Definition der Prozessvalidierung ist sehr eng an die der der FDA angelehnt. .Performance Qualification wird auf Ausrüstung und Systeme anwendbar beschrieben. Auf Systeme bezogen könnte auch der Begriff Prozessvalidierung benutzt werden. Es gibt auch eine eigene Definition für den Begriff Validierung (Tätigkeiten des Prüfens und Dokumentierens, dass jeder Prozess, jede Prozedur oder Methode aktuell und konstant zu den erwarteten Ergebnissen führt). Der Begriff retrospektive Validierung ist nicht aufgeführt, aber Revalidierung. Letzterer auch im Sinne einer periodischen (Re-)Validierung.

Das Kapitel 4 behandelt die Beziehung zwischen Validierung und Qualifizierung. Qualifizierung und Validierung wird als generell (essentially) dasselbe angesehen, wobei Qualifizierung normalerweise in Bezug auf Ausrüstung und Versorgungssysteme und Validierung in Bezug auf Systeme und Prozesse genutzt werden.

Im Kapitel 5 (Validation - mit dem Untertitel Validierungsansätze) gibt es einige interessante Forderungen. Statistische Berechnungen sollten, wenn angezeigt, angewendet werden, um eine wissenschaftliche Beweisführung zu liefern, dass der Prozess, die Systeme oder andere darauf bezogene Aspekte ausreichend (appropriate) validiert sind. Und das Senior Management wird explizit bzgl. der zur Verfügungsstellung von Ressourcen angesprochen. Sowohl das Management, als auch verantwortliche Personen der Qualitätssicherung sollten aktiv in den Validierungen eingebunden sein, wie auch in die Freigabe (Authorization) von Plänen und Berichten. Beim Thema Risikomanagement, das eingesetzt werden sollte, wird auf eine eigene WHO-Leitlinie zu diesem Thema hingewiesen. Wo notwendig sollten worst case-Tests oder "Challenge-Tests" eingesetzt werden. Als Beispiele werden Beladungstest und Tests zum Datenvolumen bei computerisierten Systemen genannt.

Unter den Dokumenten, die Validierungsaktivitäten begleiten (Kapitel 6) sind u.a. Pläne und Berichte, aber auch ein Validierungsmasterplan genannt. Eigene (übergeordnete?) Pläne sollen sicherstellen, dass es ein Validierungsreview gibt und sichergestellt wird, dass der validierte Status weiterhin eingehalten wird. Die folgenden Kapitel gehen dann auf den Validierungsmasterplan, Pläne und Berichte ein.

Ein Validierungsmasterplan sollte vorhanden sein (Kapitel 7). Er sollte kurz und prägnant sein. Allerdings werden 28 Mindestforderungen für den Masterplan genannt. Wobei diese hohe Anzahl an Mindestforderungen unter anderem auch dadurch zustande kommt, dass zu Qualifizierungstätigkeiten jeweils die Qualifizierung von Räumlichkeiten, Ausrüstung, Versorgungssystemen als Einzelunterpunkt  aufgeführt sind. Das gleiche gilt für Validierungsaktivitäten (Reinigung, Prozess, analytische Methoden, computerisierte Systeme). Der Validierungsmasterplan sollte regelmäßig überprüft werden und auf dem  aktuellen GMP-Stand gehalten werden.

Auch die Minimumanforderungen an Validierungs- und Qualifizierungspläne sind mit 15 Punkten recht detailliert. Auch in diesem Kapitel 8 wird nochmals darauf hingewiesen, dass es eine Beschreibung geben sollte, wie Ergebnisse analysiert, werden, einschließlich ggf. statistischer Analysen.

Auch im darauffolgenden Kapitel 9 zu Qualifizierungs- und Validierungsberichten wird im Rahmen der Berichtserstattung auf statistische Analysen, sofern geeignet, wert gelegt. Die finale Freigabe der Berichte sollte durch die Qualitätssicherung erfolgen.

Mit knapp 3,5 Seiten ist das Kapitel 10 (Qualifizierung) relativ umfangreich. Es  wird darauf hingewiesen, dass es verschiedene Ansätze zur Qualifizierung geben kann. Als ein Beispiel wird das V-Modell für Direct Impact Systems gezeigt. Wobei in diesem Modell Abkürzungen vorkommen, die nicht erläutert sind (z. B. UAT). Normalerweise, so die Bezeichnung, sollte die Qualifizierung abgeschlossen sein, bevor mit der Prozessvalidierung begonnen wird. "Normalerweise" sollte die Qualifizierung mit Nutzeranforderungen beginnen (URS). Die nachfolgenden Schritte sind je nach betrachtetem Objekt: FAT, SAT, DQ, IQ, OQ, PQ. Wobei die wichtigsten Geräte und kritische Hilfssysteme mindestens URS; DQ, IQ, OQ, PQ benötigen könnten, so der Entwurf. Es kann allerdings auch Ausrüstung geben, bei der nur eine IQ und QO erfolgt, wenn diese beiden Qualifizierungsstufen schon Hinweise auf die Leistung der Ausrüstung geben. Explizit gefordert ist, dass eine Qualifizierungsstufe abgeschlossen sein sollte, bevor mit der nächsten begonnen wird. Ein eigener Punkt spricht die computerisierten Systeme an, bei denen Nutzer- und funktionale Spezifikationen sowie Design- und Konfigurationsspezifikationen gefordert werden. Auch werden Stresstests bei diesen Systemen gefordert. Ansonsten wird auf die entsprechend Leitlinie der WHO zu Computersystem-Validierung hingewiesen. Nicht ganz so klar wie im Annex 15 wird darauf hingewiesen, dass die URS Ausgangspunkt für die weiteren Qualifizierungsstufen sein sollte. Nachfolgend wird dann auf die einzelnen Qualifizierungsstufen FAT, SAT, DQ, IQ, OQ, PQ eingegangen, wobei FAT und SAT als "sollte"-Vorgabe, sofern geeignet, aufgeführt ist. Im Rahmen der OQ werden worst-case-Studien gefordert und wenn Messungen auf einem statistischen Ansatz beruhen sollte dies umfangreich beschrieben sein. Testergebnisse sollten auch über einen geeigneten Zeitraum, während continuous process verification (wahrscheinlich ist continued process verification gemeint) und /oder im Rahmen von periodischem Reviews und Monitoring gesammelt werden, um zeigen zu können, dass die Ausrüstung konstante Ergebnisse liefert.

Im Unterkapitel Requalifizierung wird ausdrücklich erwähnt, dass ein Austausch von Ersatzteilen keine volle Requalifizierung erfordert, ein "like for like"-Austausch hingegen schon. Auch bei Ausrüstungsgegenständen, die längere Zeit nicht genutzt wurden, könnte eine Requalifizierung in Betracht gezogen werden.

In einem weiteren Unterkapitel zum Thema Revalidierung wird darauf hingewiesen, dass dort, wo periodische Revalidierungen durchgeführt werden, diese in festgelegten Zyklen erfolgen soll. An eine periodische Revalidierung sollte auch gedacht werden, wenn kleine Prozessänderungen über einen längeren Zeitraum erfolgen. Die Häufigkeit und der Umfang von Revalidierungen sollten auf einem  risikobasierten Ansatz und unter Berücksichtigung von historischen Daten beruhen.

Mit nur einem Absatz wird im Unterkapitel Prozessvalidierung auf den neuen Ansatz (new approach) eingegangen und lapidar auf andere Prozessvalidierungsleitlinien verwiesen. Ebenfalls nur ein Absatz adressiert die traditionelle Prozessvalidierung, wobei ausdrücklich erwähnt ist, dass bei Anwendung des traditionellen Ansatzes die Notwendigkeit von Validierungen z. B. im Product Quality Review (PQR) betrachtet werden sollte.

Ebenfalls relativ wenig Inhalte haben die Kapitel 11 (Change Management, mit 3 Absätzen) und 12 (Deviation Management, nur mit einem Absatz).

Mit einer Seite deutlich umfangreicher ist das Kapitel 13 zur Kalibrierung und Verifizierung. Hier wird auf die Notwendigkeit einer regelmäßigen Kalibrierung mit ebenfalls rückführbar kalibrierten Messmitteln hingewiesen. Als geeignete Qualifizierungsstufe für Kalibrierung und der Verifizierung von Ausrüstungen wird die IQ angesehen. Ob Geräte oder Instrumente kalibriert werden sollten, sollte auf einer Einfluss- oder Risikoanalyse beruhen.

Fazit
Obwohl diese Leitlinie als übergeordnete Leitlinie für andere Validierungs- und Qualifizierungsleitlinie gedacht ist, hat sie als derzeitigen Entwurf relativ wenig Bezug zum Validierungs-Lebenszyklus-Ansatz, wie er auch im Annex 15 und in der FDA Prozessvalidierungs-Leitlinie gefordert ist. Es gibt keine Hinweise auf die Entwicklung, die die Basis eines modernen Validierungsansatzes bildet. Periodische Revalidierung sind generell noch gefordert. Überraschend sind die immer wieder auftauchenden Hinweise auf die Anwendung von statistischen Methoden, sofern möglich. Interessant ist die Nennung von GEP und Commissioning im Glossar, wobei, wie auch zum V-Modell, finden sich dann keine weiteren Erläuterungen dazu. Vorläufige Freigaben im Rahmen von Qualifizierungstests sind nicht vorgesehen. Sehr interessant ist die Vorgabe, dass ein" like for like"-Austausch eine Requalifizierung erfordert. Das steht im Gegensatz  zur PIC/S Empfehlung PI 006-3, Recommendations on Validation Master Plan, Installation and Operational  Qualification, Non-Sterile Process Validation, Cleaning Validation, wo "like-for-like"-Austausche normalerweise keine Requalifizierung erfordern. Alles in allem wäre eine engere Abstimmung mit anderen Validierungs-Leitlinien wünschenswert.

Der Entwurf kann bis zum 12. Juli 2016 kommentiert werden. Teilnehmer von Concept Heidelberg Veranstaltungen haben Zugang zum Members Bereich des GMP Forums. Dort können Sie den Entwurf zur WHO Guidelines on Validation im Bereich "Download" herunterladen.

Zurück zur Newsübersicht

Kontakt

Kontaktieren Sie uns

Haben Sie Fragen?

Concept Heidelberg GmbH
Rischerstraße 8
69123 Heidelberg

Tel. :+49622184440
Fax : +49 6221 84 44 84
E-Mail: info@concept-heidelberg.de

zum Kontaktformular

NEWSLETTER

Bleiben Sie informiert mit dem GMP Newsletter von Concept Heidelberg!

GMP Newsletter

Concept Heidelberg bietet verschieden GMP Newsletter die Sie auf Ihren Bedarf hin zusammenstellen können.

Hier können Sie sich kostenfrei registrieren.