Wichtiges Urteil im GMP-Umfeld: Die EU-Kommission kann weitreichende Entscheidungen treffen, wenn GMP Verstöße gefunden werden
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Ein Urteil des EU Gerichtshofs (Sechste Kammer) vom 10. April 2014 über das Aussetzen des Inverkehrbringens und Rückruf von bestimmten Arzneimittelchargen aufgrund von GMP-Abweichungen ist nun publiziert worden. In dem Urteil wird die Bedeutung der Beschlüsse der EU Kommission bestätigt. Darüber hinaus wird klargestellt, dass bei kritischen GMP-Abweichungen, die bei einer GMP-Inspektion vorgefunden werden, von der EU Kommission entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden können. Diese Maßnahmen können beinhalten, dass der Standort bei dem die GMP-Abweichungen identifiziert wurden, nicht mehr die betreffenden Arzneimittel für den EU-Markt herstellen darf und dass die am Markt befindlichen Chargen zurückgerufen werden können. Es ist nach dem Urteil nicht erforderlich, dass die EU-Kommission dezidiert Risiken für die öffentliche Gesundheit nachweisen muss. Allein ein kritischer Mangel der die GMP-gerechte Herstellung in Frage stellt, genügt, um diese Maßnahmen zu veranlassen.
In dem Fall der nun zu dem Urteil geführt hat, ging es um vier Humanarzneimittel der Firma Acino, die den Wirkstoff Clopidogrel enthalten. Der Wirkstoff wurde in einer Betriebsstätte in Indien (Visakhapatnam) gefertigt. Für die Arzneimittel lag eine zentrale Zulassung gemäß Verordnung 726/2004 vor. Vom 23. - bis 26. Februar 2010 wurde eine GMP-Inspektion am Standort in Indien durch die deutsche GMP-Überwachung durchgeführt. Die Grundlage für die GMP-Überwachung bildet dabei die Richtlinie 2001/83 - auch als "GMP Richtlinie" bekannt.
Die GMP-Inspektion kam zum Ergebnis, dass die Herstellung in Visakhapatnam nicht den GMP-Anforderungen entspricht. Dabei wurden die folgenden GMP-Abweichungen identifiziert: "Als kritischer Mangel wurde dort angeführt, dass 70 Chargen-Herstellungsprotokolle neu geschrieben und ursprüngliche Einträge geändert worden seien. Ferner deckte die Inspektion noch acht schwerwiegende Mängel auf, die mit der fehlenden Einrichtung eines grundlegenden Qualitätssicherungssystems und der Nichteinhaltung der grundlegenden Anforderungen der guten Herstellungspraxis an Räumlichkeiten und Ausrüstung sowie an die vorbeugende Wartung und den Umgang mit Lösungsmitteln zu tun hatten. Außerdem wurden die Verfahren zur Reinigung von Räumlichkeiten und Ausrüstung als nicht geeignet befunden, um eine Kontamination oder Kreuzkontaminationen auszuschließen."
Im Inspektionsbericht wurde ein Rückruf der Arzneimittel als nicht notwendig erachtet, da nicht erwiesen werden könne, dass eine Gesundheitsgefährdung von dem Produkt ausgeht. Im Rahmen der Überprüfung der neu geschriebenen Herstellungsprotokolle konnte nicht nachgewiesen werden, dass die Angaben zur Qualität der betreffenden Chargen verändert wurden.
Das Urteil hat nun klargestellt, dass nicht der GMP-Inspektor über die einzuleitenden Maßnahmen zu entscheiden hat. Vielmehr definiert Artikel 20 der Verordnung EG Nr. 726/2004 ein Verfahren, in dem die EMA ein Gutachten erstellt und der Arzneimittelhersteller gehört wird. Auf Grundlage des EMA-Gutachtens trifft dann die EU-Kommission die Entscheidungen über die Maßnahmen. Im vorliegenden Fall kam die EU-Kommission zu dem Schluss, dass ein zukünftiges Inverkehrbringen des Arzneimittels von dem Standort in Indien verhindert werden muss und dass ein Rückruf der am Markt befindlichen Chargen erfolgen muss.
Das Urteil ist von grundlegender Bedeutung, denn dadurch wurde das Verfahren und die Kompetenz der EU-Kommission bestätigt. Wenn ein Herstellungsstandort kritische GMP-Mängel aufweist, muss kein Nachweis über eine spezifische Gesundheitsgefahr geführt werden. Das potentielle Risiko der Gesundheitsgefährdung durch eine nicht GMP-konforme Fertigung ist dafür ausreichend.
Quelle: InfoCuria - Case-law of the Court of Justice (EU)